Sonntag, 4. Januar 2015

Geek-Pop

DARK SUNS
Orange
Prophecy
2011















Ich hatte mir schon gestern einmal die Zeit genommen, eine Platte zu besprechen, die ein Leser sich gewünscht hatte. Und weil es so zeitig im Jahr sowieso noch keine neuen Veröffentlichungen gibt, nehme ich mir heute noch ein weiteres solches Review vor. Dieses steht schon seit einer halben Ewigkeit auf der To-Do-Liste und ich kann demjenigen, der einst den Wunsch danach geäußert hat, nur um Entschuldigung für die lange Wartezeit bitten und wenigstens bemerken, dass ich es nicht vergessen habe. Nur immer wieder verschoben. Jetzt habe ich mir das Album aber endlich vorgenommen und bin dabei auf einige Überraschungen gestoßen. Nicht nur sind Dark Suns als Band aus Leipzig quasi in meiner näheren Umgebung ansässig, sondern haben unter einem gewissen Klientel von Progrock-Fans auch einen nicht zu unterschätzenden, überregionalen Ruf. Dieser hat größtenteils mit Grave Human Genuine, dem Vorgänger von Orange, zu tun. Damit bewies sich die Gruppe nämlich 2008 als Expertenteam für progressiven Metal und nerdige Djent-Spielereien, die ihnen in der Geek-Szene viele Bewunderer einbrachten. Zum Glück braucht man keine Voraussetzungen dieser Art, um seinen Nachfolger zu verstehen. Denn Dark Suns vollführen auf dieser Platte nicht weniger als einen ausgeklügelten Stilwandel, der sie aus der Streber-Ecke herausmanövriert, zumindest so weit, wie sie das wollen. Die Metal-Anleihen werden hier fast komplett in den Hintergrund verfrachtet und an seine Stelle treten Elemente von Progressive- und Postrock, die den Leipziger entscheidende Berührungspunkte mit Pop einbringen. Das geschieht hier vor allem durch eine immense Erweiterung der Instrumentierung. Ein cleverer Schachzug. Denn obwohl Dark Suns auch auf Grave Human Genuine sehr überzeugend waren, schafft Orange dasselbe nicht nur mit anderen Mitteln, sondern klingt auch nach der nächstgrößeren Aufgabe für eine so versierte Band. Denn obwohl die Platte stärker auf Melodien baut, ist sie mit jeder Menge verschnickten Progrock-Taschentricks und einer Länge von 80 Minuten doch alles andere als leichte Kost. Vergleiche mit Yes!, Deep Purple, Rush oder Motorpsycho kann man da schon mal heranziehen. Und wenn ein Song wie Not Enough Fingers sich in Minimaltempo durch plätschernde Gitarren-Mäander gniedelt, ist auch der Gedanke an gewisse Postrock-Vertreter nicht verkehrt. Und fragt man danach, ob gewisse Künstler auch ihrerseits etwas von Dark Suns lernen konnten, denke ich persönlich an ein junges ortsansässiges Quartett namens Chameleon Defect (Zwinker Zwinker), die sich ja sicher nicht zufällig nach einem Song eben dieser Band benannt haben. Was das Album angeht, finden wir hier ein wirklich solides Stück Progrock vor, welchem man die Arbeit der Akteure anhört und welches letztendlich auch das beste der Leipziger ist. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, da nach Orange noch kein neues Material erschienen ist. Sollte dies aber der Fall sein, findet es diesmal sicherlich ohne Verzögerung einen Platz hier.
8/11

Beste Songs: Toy / Not Enough Fingers / Antipole

Nicht mein Fall: Elephant / Vespertine

Weiterlesen:
Review zu the Joy of Motion (Animals As Leaders):
zum Review

Review zu Behind the Sun (Motorpsycho):
zum Review

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