Freitag, 2. Januar 2015

Single-Review: Schmachten mit Autotune

KANYE WEST FEAT. PAUL McCARTNEY
Only One
Def Jam
2015













Das neue Jahr ist kaum zwei Tage alt und hat schon seine erste große Comment-Schlacht, die sich auf diversen Internetseiten seit gestern abspielt. Der Grund: Kanye West hat einen neuen Song veröffentlicht, der den Namen Only One trägt und einmal mehr die musikalische Relevanz dieses Künstlers strapaziert und auf die Probe stellt. Wir reden hier von einer Ballade, einem Song, der das Seeleninnerste seines Interpreten wiederspiegeln soll und Emotionen vermittelt. Schon allein das ist in Verbindung mit Kanye West kaum vorstellbar. Aber der Song verfügt neben seiner an sich kontroversen Existenz noch über eine ekelhaft-esoterische Vorgeschichte, eine Keyboard-Begleitung von Paul McCartney und, na ja...Autotune. Ein herrlicher Diskussionsstoff für ein Single-Review also. Aber erledigen wir eins nach dem anderen. Fangen wir mit Herrn Wests Verhältnis zum Medium Ballade an. Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Rapper an eine Schmusenummer traut und ob man es glaubt oder nicht, diese Versuche waren sogar schon erfolgreich. 2008 erschien mit Heartless ein lupenreiner R'n'B-Titel, der auf den ersten Blick zwar ungewöhnlich, aber durchaus überzeugend war. Und auch das häufig verlachte Bound 2 von 2013 war nicht der schlechteste Ansatz für einen Lovesong. Der einzige Unterschied dieser beiden Songs zu Only One ist, dass West das mit dem neuen Track wirklich ernst meint. Er singt hier von vorne bis hinten selbst, hat dabei weder ein cooles Sample noch eine schnippische Punchline in der Hinterhand, sondern versucht, komplett mit Emotionalität ans Ziel zu kommen. Keine gute Idee. Denn der Titel wirkt dadurch nicht nur platt, man hat auch das Gefühl, dass der Künstler hier ziemlich unsicher ist. Und das geht bei Kanye West ja mal gar nicht. Mein Problem mit diesem Song besteht nicht darin, dass er sich hier sträflicherweise am Autotune vergreift oder dass Paul McCartney absolut gar nichts zu diesem Song beiträgt, sondern einfach, dass er schlecht ist. Es gibt keinen Moment, in dem da mal aus dem ewigen Geleier der beiden ausgebrochen wird, die Klavierbegleitung ist grandios langweilig und jede zweite Boyband hat bessere Texte. Selbst wenn man weiß, was hinter dem Songtitel und den gesamten Lyrics steht, wird das nicht besser. Und ein "tearjerker", wie viele Kanyes neuen Track nennen, ist er ebenso wenig. Um ehrlich zu sein bin ich der Meinung, dass diese Nummer sogar ein erneuter Tiefpunkt der Karriere des Musikers ist. Fast noch schlimmer als das Video, in dem er gegen ein Straßenschild läuft. Natürlich ist das ein Einzelfall und ich denke, das kommende Album wird von einem Song wie diesem nicht allzu sehr beeinträchtigt. Doch 2015 beginnt trotzdem mit einem furchtbaren Fauxpas des großen Kanye West. Es gibt bessere Arten, ein Jahr zu beginnen.

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