Donnerstag, 22. Januar 2015

Letztens vor fünf Jahren

THE DECEMBERISTS
What A Terrible World, What A Beautiful World
Rough Trade
2015















The Decemberists kenne ich ganz gut von meinen ersten zaghaften Kontakten mit alternativer Musik, die noch gar nicht so lange her sind. Im Januar 2010, also ziemlich genau vor fünf Jahren, erschien the King is Dead. Es war das Album, welches vom Feuilleton großartige und von Indie-Magazinen vernichtende Kritiken erntete. Ich war als Neueinsteiger überzeugt, dass es sich bei dieser Platte um waschechten Indie handelte und war mit den Hipster-Bloggern sowieso noch nicht richtig warm geworden. Dennoch fehlte mir bei diesen Songs irgendwie das Gefühl, das ihre Art von Folk so interessant machte. Heute kann ich verstehen, warum die Band mit dieser LP damals ziemlich schlecht wegkam. Mittlerweile behaupte ich aber auch von mir, Ahnung von alternativer Musik zu haben und von den Decemberists hat man in dieser Zeitspanne auch reichlich wenig gehört. An die neue Platte What A Terrible World, What A Beautiful World gilt es deshalb aber nicht gleich, mit neuen Maßstäben heranzugehen. Denn hier machen die Fünf aus Portland genau dort weiter, wo sie damals aufgehört haben. Mit weit ausgebreitetem, perfekt produzierten Ü-30-Folk, der niemanden, der den Namen Neil Young schon mal gehört hat, von den Socken haut. Es sei denn, man ist Fan der Zweitausender-Phase von R.E.M., was das Klientel dieser Musik jedoch nicht sonderlich erweitert. Songs wie Cavalry Captain und Philomena sind Stoff für Leute, die Indierock am besten übers Radio entdecken wollen und nach edgy Platten im Regal bei Saturn suchen. Das elementare Problem hier ist das gleiche wie bei the King is Dead: Es fehlt das Feeling für ehrliches Songwriting. Dass es streckenweise auch besser läuft, zeigen beispielsweise die Stücke Lake Song und Till the Water's All Long Gone. Hier wird auf Überproduktion und Schnickschnack-Instrumentarium verzichtet und die Band lässt Melodie auch mal Melodie sein. Und leicht dosiert sind die beiden Tracks mit je fünf bis sechs Minuten ebenfalls nicht. Hier sieht man, was the Decemberists noch können, wenn sie wirklich wollen. Dass davon auf What A Terrible World... relativ wenig kommt, ist ziemlich schade. Aber immerhin schon besser als auf dem Vorgänger. Vor fünf Jahren hätte ich das vielleicht als Grund gesehen, diese Platte gut zu finden, doch mittlerweile ist meine Bandbreite wesentlich größer. Gut für mich, schlecht für die Band.
6/11

Beste Songs: Till the Water's All Long Gone / Carolina Low

Nicht mein Fall: Philomena / the Wrong Year

Weiterlesen:
Review zu Babel (Mumford & Sons):
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Review zu Upside Down Mountain (Conor Oberst):
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