Montag, 19. September 2022

Und alles was sie sagen ist wahr

Roc Marciano & The Alchemist - The Elephant Man's Bones
ROC MARCIANO & THE ALCHEMIST
the Elephant Man's Bones
ALC | Marci Enterprises | Empire
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ soziopsychologisch | düster | philosophisch ]

Es ist hohe Zeit, dass ich mich auf diesem Format endlich mal mit dem Output von Roc Marciano auseinandersetze und ist eigentlich eine Sache, die ich hier schon viel zu lange vor mir her schiebe. Denn obwohl der New Yorker selbst in der größten Hochphase von Hiphop in der öffentlichen Aufmerksamkeit, die gerade stattfindet, niemand ist, der großes Crossoverpotenzial im Mainstream beweist, ist er doch höchstwahrscheinlich trotzdem einer der wichtigsten Protagonisten im Bereich des experimentellen und lyrisch progressiven Rap, der hier schon lange seine Sporen verdient hat. Seit den späten Zwotausendern aktiv ist der Name des MCs aus Hempstead vor allem in der Community elitärer Hiphop-Nerds in den USA ein mit viel Respekt ausgesprochener, der gerne in einem Atemzug mit Leuten wie Billy Woods, Griselda oder Ka genannt wird, die sich ja eines ähnlich erlauchten Renommees erfreuen. Und da das alles außerdem Künstler sind, die ich auf diesem Format regelmäßig über den grünen Klee lobe, ist es eigentlich unlogisch, dass ich ausgerechnet über ihn bisher noch gar nichts geschrieben habe. Wobei der Augenblick mit einem Album wie the Elephant Man's Bones günstiger denn je erscheint, denn was für einen besseren Anlass zur Änderung dieses Umstandes könnte es geben als ein gemeinsames Album mit the Alchemist, einem meiner momentanen Lieblingsproduzenten im amerikanischen Hiphop? Und damit einem Longplayer, auf dem sich wie erhofft die Art spannendes Eastcoast-Conscious-Storytelling-Werkstück ergibt, die man sich von so einer Kollaboration erwartet. Mit dem entscheidenden Bonus, dass sie perfekt die individuellen Stärken beider Künstler hervorhebt, die sich aus dieser Symbiose ergeben. Auf der einen Seite Marciano, der es wie die besten New Yorker MCs zur Zeit versteht, das Prädikat Gangsta Rap als eine Beschreibung der sozioökonomischen Umstände der urbanen Arbeiterklasse zu interpretieren und die tragischen und fesselnden Stories dieses gesellschaftlichen Unterbauchs zum zentralen Motiv seiner Texte zu machen. Auf der anderen Alchemist, der für diese Art von Inhalten inzwischen eine Art Trademark-Sound entwickelt hat, dem die besten der Szene seit Jahren vertrauen und der hier ein weiteres Mal verlässich arbeitet. Wirklich originell klingt the Elephant Man's Bones dabei zwar selten und würde ich es nicht besser wissen, könnte ich es zeitweise auch für eine LP von Ka oder Boldy James halten, an der objektiven Qualität ändert das aber nichts. Denn nicht nur sind Marcianos Texte hier durchweg fesselnd und sein düsterer und unterkühlter Flow komplett on point, auch das Mastering und die Momente zwischen den Zeilen und Beats sind optimal ausgekleidet und stimmen bis ins letzte Detail. Noch dazu ist das hier ein Album, das auf guten Kopfhörern nochmal um einiges besser klingt und mich so erst richtig in seinen mystischen Vibe einlullt. Selbst wenn Marciano mich hier also nicht unbedingt überrascht und beide Künstler irgendwie ein bisschen Dienst nach Vorschrift machen, bedeutet das in diesem Fall trotzdem, das extrem viel Liebe und Hirnschmalz in dieser LP stecken. Und dass man das merkt, gibt mir persönlich dann schon eine ganze Menge. Vor allem bestätigt es aber meine für den ersten Eindruck eines so bewährten und vielgepriesenen Rappers wie Marciano hoch gesteckten Erwartungen und macht mich neugierig, was hinter diesem Namen noch alles so lauert. Zum letzten Mal werde ich hier also sicherlich nicht über ihn schreiben.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11


Persönliche Höhepunkte
Rubber Hand Grip | Daddy Kane | Quantum Leap | the Elephant Man's Bones | Bubble Bath | Liquid Coke | Trillion Cut | the Horns of Abraxas | JJ Flash | Stigmata | Zip Guns | Think Big

Nicht mein Fall
-

Hat was von
Ka
Honor Killed the Samurai

Conway the Machine
God Don't Make Mistakes


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