Donnerstag, 1. September 2022

Angeschossen

Megan thee Stallion - Traumazine
MEGAN THEE STALLION
Traumazine
300 Entertainment
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ ernsthaft | bratzig | gewöhnlich ]

Ich könnte an dieser Stelle wieder damit anfangen, wie sehr mir bei einer Künstlerin wie Megan Thee Stallion noch immer der musikalische Charakter fehlt und wie ich mir nach nun inzwischen schon mehreren Jahren und Alben von und mit ihr immer noch nicht sicher bin, was nun eigentlich genau ihre Identität als Rapperin sein soll. Da ich dieses Thema aber schon in meinen letzten zwei Besprechungen über ihre Platten zum Aufhänger und Hauptaugenmerk gemacht habe, habe ich darauf mittlerweile auch keinen Bock mehr. Nur soviel sei gesagt: Auf ihrer zweiten offiziellen LP Traumazine wird es damit nicht besser. Was in diesem Fall - und das ist vielleicht der wichtigste Unterschied zu ihren Vorgängern - diesmal wirklich ein potenzielles Problem ist, das über einen einfachen Eindruck von Beliebigkeit hinaus geht. Denn was dieses neue Album für Megan sein soll, ist tatsächlich eine Abwendung vom schnell gemachten Poprap der letzten Jahre und stattdessen eine Art projektübergreifende Ansage, auf der sie sich auf ernsthaftere Weise mit der Veränderung ihrer öffentlichen Wahrnehmung und der Starpersönlichkeit auseinandersetzt, die sie inzwischen geworden ist. Anlass dafür ist primär die Verarbeitung der höchstwahrscheinlich von Kollege Tory Lanez verursachten Schussverletzung, die Megan vor zwei Jahren erlitt und die für sie wohl auf persönlicher wie medialer Ebene ein ziemliches Trauma war. Bisher hatte die Rapperin in ihrer Musik von diesem Thema größtenteils Abstand genommen, was diesen Move zwei Jahre später zwar etwas ungewöhnlich erscheinen lässt, spätestens nach zahlreichen ziemlich geschmacklosen Anspielungen in Lanez' jüngerem Output aber irgendwie auch ihr gutes Recht ist. Und ich will an dieser Stelle keinesfalls sagen, dass ich Megans Perspektive darauf nicht hören wollen würde oder die Thematisierung dessen irgendwie falsch wäre. Nur finde ich es auch ein bisschen komisch, hier einem Album den Namen Traumazine zu geben und darauf eine tiefgreifende Verarbeitung einer tatsächlich traumatischen Erfahrung anzuteasern, wenn diese dann überhaupt nicht stattfindet. Eigentlich ist das hier nämlich nur ein weiterer ganz gewöhnlicher Longplayer im typischen Stil von Megan Thee Stallion, der sich inhaltlich und stimmungsmäßig qausi kaum von Sachen wie Good News und Suga unterscheidet und dessen klarste Ansage zu sein scheint, dass sie die dicksten Eier von allen hat. Nicht dass ich mich darüber beschweren würde, ich persönlich empfinde die ganze Lanez-Geschichte ohnehin schon einmal zu oft durch die mediale Tretmühle gejagt, doch fühlt sich die PR hinter Traumazine angesichts dessen schon ein bisschen an wie eine clickbaitige Mogelpackung. Zumal sich dahinter zu allem übel auch noch das bisher schwächste Album der Texanerin versteckt, das mir wirklich jede verbliebene Neugier auf ihren Output austreibt. Es ist noch ein bisschen abgehangener und lahmer als seine Vorgänger, weil die ganze Formel nun eben nicht nur bekannt, sondern auch größtenteils abgefrühstückt ist und mit seinen 18 Tracks in 50 Minuten noch dazu viel zu lang für seinen Mangel an klanglicher Abwechslung. Darüber hinaus latscht es thematisch komplett dieselben Themen ab wie die letzten drei Platten (die ich auch dort schon nicht gut fand), nervt mit seinen schlecht eingemischten Adlibs und hat nicht ein einziges spannendes Feature zu bieten. In meinen Augen erfüllt es damit die grundsätzlich tief angesetzten Anforderungen, die ich an massenkompatibles Trap-Songwriting habe und das ist für mich auch okay, weil ich an diese Frau noch nie andere Erwartungen hatte. Was ich jetzt allerdings noch weniger verstehe sind all jene, die insistieren, Megan Thee Stallion wäre in irgendeiner Hinsicht besser oder inhaltlich wertvoller als die ganzen Eintagsfliegen, denen man sonst so in den Charts begegnet, denn das ist sie ganz einfach nicht. Also zumindest nicht musikalisch. Und ich würde an diesem Punkt einfach gerne aufhören, so zu tun, als käme von ihr die nächste Revolution im Hiphop, nur weil sie eine Person ist, über die Promimedien reden. Wenn es so weitergeht, würde ich tatsächlich am liebsten gar nicht mehr über sie reden. Zumindest nicht mehr in dermaßener Ausführlichkeit in diesem Format.

🔴🔴🔴⚫⚫⚫⚫ 03/11


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