Dienstag, 13. September 2022

Die flammenden Herzen

EZRA FURMAN
All of Us Flames
Bella Union
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ amerikanisch | lyrisch | subtil ]

Obwohl es nun inzwischen schon wieder drei Jahre her ist, dass mit Twelve Nudes das letzte Album der Ezra Furman erschien, fühlt es sich gerade ein bisschen komisch an, jetzt schon wieder über ein neues von ihr zu schreiben. Ganz einfach deshalb, weil sich besagte letzte Platte für mich persönlich noch immer in einer Art musikalischem Wachstumsprozess befindet, der wahrscheinlich auch erst dann beendet ist, wenn ich sie endgültig als eines der besten Alben der Zwotausendzehner anerkenne. Denn nicht nur ist so vieles daran songwriterisch stark und unglaublich gut ausformuliert, in vielerlei Hinsicht hat Twelve Nudes auch das Potenzial, das Porträt einer ganzen Generation zu werden. Zumindest auf rein inhaltlicher Ebene. Sich jetzt also mit einer weiteren LP von Ezra zu beschäftigen, ist allein schon deshalb müßig, weil ich eigentlich noch einen Vorgänger habe, den ich innerlich auswerten muss. Und über Sachen wie den Soundtrack zu Sex Education oder die Compilation To Them We'll Always Be Freaks mit altem Restmaterial habe ich an dieser Stelle ja noch nicht mal angefangen zu reden. Müßig ist es aber auch deshalb, weil sich beim ersten Hören von All of Us Flames sehr schnell abzeichnete, dass es ein deutlich schwächeres Album werden würde als sein Vorgänger und eine klanglich-stilistische Wandlung vollzieht, die ich aktuell nur bedingt gutheißen kann. So ist die auffälligste Neuerung der zwölf Stücke, dass Furman den hitzköpfigen Garagenrock von Twelve Nudes durch eine Art melancholischen Heartland Rock substituiert, der zwar wesentlich mehr Platz für ihre lyrischen Auswüchse und leidenschaftliche Gewissensbekundungen bietet, die ja auch mit das wichtigste an ihren Songs sind, dabei aber auch einfach ein bisschen lahmer klingt. Was unterm Strich leider dafür sorgt, dass einige Songs hier plötzlich sehr generisch und substanzlos klingen, obwohl sie auf rein inhaltlicher Ebene viel zu sagen haben und fantastisch geschrieben sind. Und dass das so ist, finde ich an dieser Stelle immer noch ein bisschen seltsam. Doch fehlt an vielen Stellen einfach ein bisschen die performative Vehemenz, die Furman das letzte Mal so besonders ablieferte und die dafür sorgt, dass ihre großarzigen Texte eben auch die entsprechende Wirkung entfalten können. In Songs wie Book of Our Names mit bahnbrechenden Zeilen wie "And the names will be / the real ones that are ours / not the ones given to us / by the enemy powers" oder einer lauernden Storytelling-Nummer wie Train Comes Through kann das hier in manchen Momenten trotzdem funktioneren, wenn das Setting stimmt, andere Sachen mit ebensoguten Lyrics wie Point Me Towards the Real oder Ally Sheedy in the Breakfast Club versanden allerdings zusehends im melancholischen Trott dieser Platte, die einer Songwriterin wie Ezra Furman in meinen Augen einfach nicht besonders steht. Zu einer effektiv schlechten LP macht das All of Us Flames zwar nicht, allerdings schon zu einer, die in meinen Augen zumindest die Zweitbeste Eigenschaft dieser Künstlerin leichtfertig aufgibt. Für den mittelmäßigen dritten Aufguss eines Sounds, den in meinen Augen eh gerade schon ein paar Leute zu viel auftafeln.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11


Persönliche Höhepunkte
Train Comes Through | Book of Our Names | Temple of Broken Dreams

Nicht mein Fall
Poor Girl A Long Way From Heaven


Hat was von
the Killers
Pressure Machine

Anna Calvi
Hunter


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