Donnerstag, 22. September 2022

Nicht zu bezaubern

Pomme - Consolation
POMME
Consolation
Universal | Polydor
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ chansonesk | mystisch | schöngeistig ]

Als ich vor zwei Jahren die Musik der großartigen Songwriterin Klô Pelgag für mich entdeckte und es nicht viel brauchte, um mich für die orchestral verschraubten, kompositorisch tiefschürfenden Kammerpop-Chansons ihres letzten Albums Notre-Dame-des-Sept-Douleurs zu begeistern, suchte ich allein schon deshalb nach Künstler*innen mit vergleichbaren Ästhetiken, weil ich die Arbeit der Kanadierin irgendwie klanglich verorten musste. Ganz zu schweigen davon, dass ich von dieser Art Musik unbedingt mehr hören wollte und dabei ein Interesse für französische Popmusik entwickelte, dass seitdem exponentiell gewachsen ist. Und ein Name, der mir von vielen Seiten dabei immer wieder vorgeschlagen wurde und der auch direkt mit meiner Einstiegsdroge Klô Pelgag in Verbindung stand, war der von Claire Pommet alias Pomme, einer jungen Songwriterin aus der Nähe von Lyon. Seit ungefähr fünf Jahren aktiv ist diese in ihrer Heimat schon seit Beginn ihrer Karriere eine vielgefeierte Künstlerin, die regelmäßig mit renommierten Musikpreisen überhäuft wird und zu einer spannenden neuen Generation von Chanson-Acts gehört, die das angestaubte Genre gerade wieder in seinen fünften oder sechsten Frühling hievt. Und ja, auch ich erkenne bei ihr grundsätzlich die gleiche Fähigkeit zu elfenhaft-mystischen und subtil düsteren Kompositionen, die mich zuletzt auch bei Klô Pelgag so fasziniert hatten. Allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass es zumindest Consolation in weit weniger Momenten schafft, mich so unmittelbar in seinen Bann zu ziehen und dann auch mittelfristig dort zu halten. Denn was Pomme hier aufbaut, ist die meiste Zeit doch eher hübsche Klangfassade als ernsthafte emotionale Größe und eher geschickt inszenierte Pose als grandiose Chanson-Schwermut. Und obwohl diese hier immerhin für ernsthaft brilliante Momente wie dans mes rêves oder tombeau herhält, die mit ihrer filigranen Instrumentierung und Pommes zärtelnder Gesangsperformance viel raushauen, kann ebendiese Porzellanpüppchen-Ästhetik an vielen Stellen des Mittelteils wie Nelly oder bleu auch etwas einfältig werden und bricht sich am Ende sogar selbst mit dem etwas ungelenk auf englisch gesungenen when I c u die zarten Rehbeine. Selten ist das musikalisch wirklich schlimm und auch ohne die von mir herbeigewünschte tiefgreifende Eleganz bleibt das hier ein immens kompetentes und schöngeistiges Songwriter-Album, das viele sicherlich mögen werden. Dass das bei mir nicht so ist, hat also wahrscheinlich eher damit zu tun, dass ich in Sachen Chanson mittlerweile fest überzeugt bin, das richtig gute Zeug gehört zu haben und mich von so einem windigen Lolita-Billie Eilish-Zeug nicht mehr so leicht abspeisen zu lassen. Vielleicht ist es aber auch nur der falsche Zeitpunkt und Pomme noch nicht an dem Punkt, an dem ihre Musik wirklich auch eine gewisse Tiefe erforschen kann. Sie im Auge zu behalten lohnt sich deshalb auf jeden Fall, schon allein weil ich bei ihr irgendwie das subtile Gefühl habe, dass sie noch eine sehr ernsthafte Popstar-Karriere vor sich haben könnte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11



Persönliche Höhepunkte
dans mes rêves | puppy | tombeau | B.

Nicht mein Fall
when I c u


Hat was von
Klô Pelgag
Notre-Dame-des-Sept-Douleurs

Polarkreis 18
the Colour of Snow


1000kilosonar bei last.fm  

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