Montag, 26. September 2022

Die alten Tricks

DJ Sabrina the Teenage DJ - Bewitched!
DJ SABRINA THE TEENAGE DJ
Bewitched!
Spells On the Telly
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ samplebasiert | gemütlich | zurückhaltend ]

Etwa zwei Jahre ist es inzwischen her, dass DJ Sabrina DJ mit dem rückblickend äußerst passend betitelten Album Charmed im Sturm die Herzen der internetbasierten Musiknerd-Community eroberte und innerhalb von Tagen vom nischigen Bandcamp-Phänomen zum überraschenden Shooting Star des zweiten Lockdowns avancierte, über den zumindest in einer bestimmten Bubble alle reden mussten. Und obwohl ich damals zunächst etwas skeptisch ob des Hypes war, den diese Kunstfigur und deren durchaus gewöhnungsbedürftige Musik plötzlich generierte, war mir auch unmissverständlich klar, dass die Welt hier auf etwas sehr außergewöhnliches aufmerksam geworden war. Auf ein Phänomen, das letztlich nicht nur musikalisch speziell und erstaunlich war, sondern auch größere Fragen über den Weg von musikalischen Releaseformaten im Streamingzeitalter und die Ästhetik der postmodernen Reizüberflutung provozierte. Und noch immer bin ich zumindest teilweise der Überzeugung, dass Charmed mittelfristig ein Album sein könnte, dass den musikalischen Untergrund der Jugend von heute für kommenden Generationen abbildet. Was für DJ Sabrina dabei bisher leider nicht rumgekommen ist, ist eine wirkliche Kontinuität von Erfolgen, die auch nach dem Durchbruch anhielten. Denn obwohl man sicherlich sagen kann, dass ihre Platten seitdem von mehr Leuten gehört wurden als davor, hat sich die anfängliche Aufregung um sie nach Charmed doch recht schnell wieder verflüchtigt. Und so fasziniert viele vor zwei Jahren vom quantitativen Overkill und dem hypnotierend-subversiven Disneypop-House-Mix ihrer Alben waren, so schnell waren sie davon wenige Monate später auch wieder ernüchtert. Was schade ist, denn mit the Makin' Magick II Album und the Other Realm erschienen während der letzten Saison nochmal zwei fantastische Platten von ihr, mit denen sie klanglich auch spannende neue Wege beschritt. Und 2022 nun das neueste Album von ihr zu besprechen, fühlt sich für mich schon ein bisschen so an, als wäre ich einer der letzten hier draußen, der sich noch für sie interessiert. Wobei ich der Fairness halber auch sagen muss, dass es so viel neues hier auch nicht zu berichten gibt. Abgesehen davon, dass sich Bewitched! auf verhältnismäßig moderate Dimensionen von 13 Tracks in 87 Minuten beschränkt, ist es insgesamt doch das gewohnte Bild, das wir von DJ Sabrina kennen: Psychedelisch weichgespülte Teeniepop-Mashups mit eingestreuten Samplefetzen aus Fernsehserien und fluffiger Produktion, die gemeinsam einen hypnotisch-verdichteten Klangteppich bilden und vor allem durch ihre unüberschaubare Weitläufigkeit faszinieren. Die Highlights der LP liegen dabei mit dem neunminütigen Mega-Opener Under Your Spell oder dem melancholischen You Always Loved Me eher am Anfang der Platte sowie in den drei massiven Longtracks Deeper, the High Road und Beautiful, All Alone ganz am Ende und werden zur Mitte hin etwas auswechselbarerer, doch ist es generell auch diesmal wieder schwierig, solche Differenzen wirklich voneinander abzuheben. Etwas schade finde ich höchstens, dass die vielen abenteurlichen Tendenzen, die vor allem the Other Realm zuletzt hatte, diesmal nicht mehr so prominent vertreten sind und sich stattdessen eher auf bewährte Kernkompetenzen verlassen wird. Die reichen dann zwar auch für ein insgesamt sehr stabiles Endergebnis, sind aber zwei Jahre nach Charmed tatsächlich nicht mehr so spannend wie einst. Dass das musikalische Konzept von DJ Sabrina früher oder später Patina ansetzen würde, war ja schon lange zu befürchten, doch hatte ihr Output der letzten Saison ja eigentlich gezeigt, wie Alternativen aussehen können. Sie jetzt wieder in ihrem üblichen Modus Operandi zu hören, ist zwar im Sinne der Ergebnisses keineswegs enttäuschend, aber von der Sache her letztlich doch ein Rückschritt. Und es wäre am Ende auch zu schade, wenn langfristig diejenigen Recht behalten würden, die da behaupten, DJ Sabrina würde immer gleich klingen. Denn dass das nicht stimmt, weiß ich inzwischen. Nur dass dieses Album hier wohl eher ein Argument für die andere Seite sein könnte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11


Persönliche Höhepunkte
Under Your Spell | A Part of Me | You Never Know | You Always Loved Me | the High Road | Deeper | Beautiful, All Alone

Nicht mein Fall
Matter of Course


Hat was von
Porter Robinson
Nurture

the Avalanches
Wildflower


1000kilosonar bei last.fm  

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