Mittwoch, 7. September 2022

Ich hatte es euch gesagt

Motorpsycho - Ancient Astronauts
MOTORPSYCHO
Ancient Astronauts
Stickman
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ routiniert | verjammt | unkompliziert ]

Als ich vor zehn Jahren das erste Mal in den musikalischen Kosmos von Motorpsycho eintrat, war es für mich sehr leicht, mich Hals über Kopf in ihren Sound zu verlieben. Denn was die Norweger in diesem Zeitraum an Material ablieferten, war rückblickend so vielfältig und interessant, dass man sowohl ob der Qualität als auch der Quantität des ganzen ins Staunen kam. Erst 2010 hatte die Band mit Heavy Metal Fruit ihrem in den Zwotausendern etwas verwässterten Edelprog wieder neue Energie eingehaucht, die anschließend auf Platten wie Behind the Sun oder Still Life With Eggplant in alle Richtungen explodierte. Ganz zu schweigen vom orchestralen Jazzrock-Meets-Klassik-Opus Magnum the Death Defying Unicorn, das sie 2012 gemeinsam mit Arrangeur Ståle Storløkken quasi zwischen Tür und Angel aus dem Hut zauberten und das sie zwischenzeitlich nochmal auf einem ganz anderen Level spannend machte. Wie viele tolle Phasen in ihrer Karriere zuvor war aber auch diese irgendwann dazu bestimmt, zu Ende zu gehen und einer weiteren kleinen Flaute in der Diskografie der Norweger Platz zu machen, die in meinen Augen auch noch immer andauert. Zwischen rückblickend etwas schnarchigen Projekten wie Here Be Monsters oder the Tower und nerdig-ächzenden Prog-Overkills wie the All is One haben Motorpsycho zuletzt eher weniger inspiriert, was nur zum Teil daran liegt, dass mit Tomas Jämyr auf halbem Weg ein neuer Drummer eingelernt werden musste. Und gerade zuletzt war ich bezüglich ihrer jüngeren Alben der Meinung, dass es für ein besseres Ergebnis einfach mal wieder etwas proaktive Entschleunigung brauchte. Kingdom of Oblivion brachte diese letzte Saison ein bisschen, war dabei aber immer noch 70 Minuten lang und insofern so inkonsequent, dass meine Sorgen nicht weniger wurden. Weshalb es mich froh macht, dass Ancient Astronauts ein Jahr später nun endlich mal ein bisschen locker lässt und damit auch wirklich mal den erwünschten Effekt der kreativen Auflockerung bringt. Mit vier Songs in einer knappen Dreiviertelstunde legen die Four Norsemen hier sehr viel angenehmere Parameter vor als zuletzt und halten auch in Sachen ausufernde Konzepte und mehrteilige Track-Sequenzen den Ball flach. Auf bestmögliche Weise ist das hier also ein routiniertes Album von Motorpsycho, das einfach ungeniert die jüngsten Arbeiten der Gruppe präsentiert und damit absolut nichts falsch macht. Dass mit dem zwanzigminütigen Chariot of the Sun - To Phaeton On the Occasion of Sunrise (Theme From An Imagined Movie) (Ja, das ist der Titel eines Songs) auch wieder mal ein ordentlicher Prog-Batzen dabei ist, ist dabei ebenfalls zu verschmerzen. Motorpsycho sind eben auch immer noch Motorpsycho und das dürfen sie auch sein. Denn dafür ist zum Beispiel mit the Ladder auch endlich mal wieder ein richtiges Brett von ihnen am Start, das mich angenehm an die letzten Sachen von Elder und Polis erinnert und das Trio auch mal wieder ordentlich grooven lässt. Überhaupt finde ich auf Ancient Astronauts eine Coolness und Nonchalance in der Spielweise des Trios wieder, die ich so zum letzten Mal auf dem unterschätzten Zwischendrin-Album the Crucible von 2019 erlebt habe, die hier aber nochmal besser aufblüht. Und um es kurz zu sagen: Das hier ist - zumindest was mich betrifft - das beste Album der Band seit mindestens fünf Jahren. Wobei das schönste daran für mich persönlich ist, dass es irgendwie beweist, dass ich mit allen meinen Vermutungen recht hatte. Als ich 2020 über die Opulenz und blasierte Prog-Arroganz von the All is One jammerte, war es genau diese Sorte LP, von der ich meinte, dass Motorpsycho sie jetzt bräuchten. Und siehe da - zwei Jahre später kommt genau so eine und schafft es endlich mal wieder, den Sound dieser Band gehörig zu entschlacken. Was an sich super toll ist und mich freut, das allerdings auch nicht die ganzen vertranten Solala-Platten wieder gut macht, die in der Zwischenzeit passiert sind. Denn wissen können hätte man das alles auch eher.
 
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11


Persönliche Höhepunkte
the Ladder | the Flower of Awareness | Mona Liza/Azrael | Chariot of the Sun - To Phaeton On the Occasion of Sunrise (Theme From An Imagined Movie)

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Polis
Weltklang

Elder
Omens


1000kilosonar bei last.fm  

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