Mittwoch, 18. August 2021

Dark Ambient

Ka - A Martyr's RewardKA
A Martyr's Reward
Die-Ai-Wei
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ biografisch | melancholisch | düster ] 

Es ist als Künstler*in im allgemeinen und nicht nur im musikalischen Bereich immer eine ziemlich gute Sache, wenn man sich mit dem, was man kreativ erschafft, über eine gewisse Zeit etwas erarbeitet, das man als eigene schöpferische Persönlichkeit und Handschrift bezeichnen kann. Etwas, das das eigene Schaffen von dem anderer unterscheidet und im Optimalfall auch noch eine Sache ist, die man besonders gut kann und die über lange Zeit immer wieder neue Möglichkeiten bietet, unterschiedlich angewendet zu werden. Und wenn man mich persönlich fragt, haben wenige Künstler*innen - besonders im Bereich Hiphop - in der vergangenen Dekade diese Entwicklung so lehrbuchhaft vollzogen wie der New Yorker Rapper Kaseem Ryan alias Ka. Auf insgesamt vier Platten (drei davon solo, eine als Teil des Duos Hermit & the Recluse), die über jeweils sehr unterschiedliche Metaphern und Parallel-Narrative die Realität des Gangster-, beziehungsweise Hiphop-Lifestyles schilderten, schuf er zwischen 2013 und 2020 einen lyrischen Stil, der ziemlich unverwechselbar und intelligent war und in meinen Augen für mindestens eines der besten Rap-Alben des gesamten Jahrzehnts sorgte. Der Nachteil daran war spätestens auf der letzten LP dieser Serie aber auch, dass diese Art des Schreibens für ihn ein bisschen zu sehr zur Masche wurde und immer neue Analogien auf die gleichen Grundkonflikte anwendete, die irgendwann doch sehr monoton wurden. Weshalb ich mir für den weiteren Verlauf seiner Karriere zuletzt vor allem wünschte, dass Ka diese Struktur ein wenig aufbrechen würde. Wobei ich keine Zweifel hatte, dass er grundsätzlich das Zeug dazu hatte. Sowohl als Beatmaster als auch als Lyriker war er ja auch ohne die besagten Konzepte talentiert genug, um diverse andere Themen zu illustrieren und spannende Stories zu erzählen. Und wie zum Beweis ist seine neue LP A Martyr's Reward nun das auch Werkstück, das genau das zeigt. Mit der nicht uninteressanten Einsicht, dass sie dafür nicht mal viel an der Grundidee der letzten Alben ändern musste. Inhaltlich gesehen ist das hier eine weitere Platte, die tief verwurzelt im New Yorker Gangster-Milleu spielt und dabei vor allem dadurch besticht, wie lebensecht und düster sie dieses beschreibt. Noch immer hat Kas Erzählweise dabei etwas sehr schummrig-Film Noir-mäßiges und noch immer ist er als Storyteller ziemlich unschlagbar. Indem er auf diesen Songs aber vor allem wieder Episoden aus seinem eigenen Leben erzählt und dabei vor allem auf seine Jugend eingeht, zieht er die ganze Thematik auf eine persönliche Ebene, die in vielen Punkten nochmal eindrücklicher ist als die abstrakte Philosophie eines Honor Killed the Samurai oder Knight's Gambit. Wobei Martyr's Reward am Ende auch nicht nur ein Album ist, das mich lyrisch beeindruckt, sondern auch durch seine Musik positiv auffällt. Eine Sache, die bei Ka bisher eher im Hintergrund stattfand und nicht mehr war als der Backdrop für das aufwendige Storytelling. Obwohl auch diese Platte eigentlich eher unauffällig produziert ist und auf eine sehr ruhige und zurückhaltende Ästhetik setzt, bin ich gerade davon hier unglaublich beeindruckt. Im Unterschied zu den letzten Alben, die einfach nicht besonders auffällig sein wollten und viel Platz für die Lyrics ließen, finde ich in diesen Beats eine sehr bewusste Ruhe, die sich wahnsinnig gut in die Narrative einfügt. Denn mit Ruhe ist hier nicht etwa gemeint, dass die Songs entspannt oder gar chillig wären, viel eher sind sie durch ihre minimalistische Art mitunter ein wenig bedrohlich und tragen sehr gut die emotionale Schwere dieser Platte. Eine Schwere, die nicht zuletzt durch Kas unaufgeregt-klaren Flow nochmal wunderbar ergänzt wird. Song-technisch gibt es dabei durchaus vereinzelte Highlights, nur finde ich - wie schon bei seinen besten Alben aus der Vergangenheit - besonders die Art cool, wie der Rapper alle Tracks in einen kohärenten Gesamtflow zusammenkocht, bei dem auch gerne mal mehrere klangliche Motive pro Stück ineinander greifen. Mit dem Resultat, dass A Martyr's Reward am Ende vor allem eins ist: 40 Minuten großartig aufbereitetes Storytelling von einem der eingespieltesten Hiphop-Künstler der letzten zehn Jahre, der hier einen seiner besten Longplayer überhaupt macht. So on point wie hier war Ka seit dem grandiosen Honor Killed the Samurai von 2016 nicht mehr, wobei ich sogar noch vorsichtig ergänzen würde, dass diese Platte in vielen Punkten nochmal wie eine Weiterentwicklung der dort stattfindenden Ideen und Sounds ist. Soll heißen: So gut wie hier war der New Yorker vielleicht noch nie. Was allermindestens zeigt, dass es manchmal richtig viel bringt, aus der eigenen Komfortzone auszubrechen. Selbst wenn diese schon richtig super war.
 
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11

Persönliche Höhepunkte
Everybody Up | Sad to Say | I Notice | Like Me | Subtle | With All My Heart | Enough Praise / Recovering | Be Grateful | Having Nothin'

Nicht mein Fall
-


Hat was von
Conway the Machine
From King to A God

Billy Woods
Terror Management


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