Montag, 2. August 2021

Der stille Weg des Isaiah

Isaiah Rashad - The House Is BurningISAIAH RASHAD
the House is Burning
Top Dawg Entertainment | Warner
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ locker | lyrisch | unverkrampft ] 

Es ist inzwischen schon wieder ein paar Jahre her, dass die MCs des Labels Top Dawg Entertainment - abgesehen von Kendrick Lamar - in der Welt des Hiphop wirklich ein hochbrisantes Gesprächsthema waren, doch kann man auch 2021 definitiv noch davon ausgehen, dass das Kollektiv aus Kalifornien über einige der größten Talente des zeitgenössischen Westkünsten-Rap verfügt, die immer mal wieder für Aufsehen sorgen. Wobei es unter den Nerds nach wie vor hitzige Debatten darüber gibt, wer aus dieser Crew - abgesehen von Kendrick Lamar - eigentlich die sind, die den Hype am besten überstanden haben. Und wo die heißen KandidatInnen diesbezüglich bei den meisten Fans wohl Jay Rock und SZA sind, kreuze ich meine Finger seit Jahren für den ewig unterschätzten Schoolboy Q (der mit seiner Blank Face LP 2016 das meiner Meinung nach bis dato beste Top Dawg-Projekt überhaupt machte - inklusive Kendrick Lamar) und den überaus talentierten, allerdings auch gerne etwas geisterhaften Isaiah Rashad, der bis heute so etwas wie die große Wildcard des Labels geblieben ist. Nur selten taucht letzterer in den Songs anderer Rapper*innen auf, war in den letzten fünf Jahren sehr sporadisch aktiv und hat es in der guten Dekade, in der er inzwischen aktiv ist, gerade Mal auf einen Longplayer gebracht. Dieser Longplayer - the Sun's Tirade von 2016 - war dann allerdings auch hauptverantwortlich dafür, dass sein Name in Fankreisen ausschließlich mit großem Respekt ausgesprochen wird und für großes Raunen sorgt. Denn sowohl meiner Ansicht nach als auch der vieler Nerds im Internet, ist besagte Platte eine der gelungensten Hiphop-Werke aus jener Saison, für einige sogar des ganzen Jahrzehnts. Und dass der Typ dahinter ganze fünf Jahre gebraucht hat, um einen Nachfolger fertig zu stellen, verhärtet natürlich einen gewissen Mythos, der um ihn seit jeher besteht. Wobei es im Zusammenhang mit the House is Burning - seiner neuen LP - ehrlich gesagt das beste ist, diesen nicht allzu wichtig zu nehmen. Denn so wie sich die vorliegende Platte für mich anhört, ist die Absicht dahinter keine andere, als einfach nur ein gutes Rap-Album aufzunehmen, das nicht viele hohe Wellen schlagen soll. Da gibt es keine zu krassen politischen Botschaften, keine monumental konzeptuellen Überbauten, kein großes Brimborium um klanglich Entscheidungen, sondern einfach nur etwas, das sich nach guter zeitgenössischer Hiphop-Grundlagenarbeit anhört. Klar bedeutet das nicht, dass Rashad hier nicht trotzdem sehr lyrische und schlaue Texte schreibt und sich nicht trotzdem Mühe gegeben wurde, das hier als Gesamtwerk ansprechend zu machen. Allerdings ist die Handhabe hier so schön unverkrampft und lässig gehalten, dass es ästhetisch das erste ist, was an dieser LP positiv auffällt. Viele der Beats hier sind noch jazziger und smoother als auf dem Vorgänger, aber auch eine spaßige Trap-Nummer wie From the Garden darf zwischendurch gerne Mal sein. Auch in Sachen Features ist diese Platte eher zurückhaltend und braucht keine Promis, um zu überzeugen. Der namhafteste Gastpart auf the House is Burning stammt von Lil Uzi Vert, der große Rest der Kollaborationspartner*innen sind die Homies aus dem Top Dawg-Umfeld, die sowieso irgendwie zum Inventar gehören. Und natürlich spräche absout nichts dagegen, auch mit diesen Parametern ein Album zu machen, dass zum Klassiker taugt, doch bin ich auch ganz zufrieden damit, dass das gar nicht erst versucht wird. Zumal das Ergebnis hier an so gut wie allen Punkten absolut zufriedenstellend ausfällt. Ernsthaft schwache Tracks gibt es hier höchstens ein oder zwei (namentlich Chad und Score, wobei letzterer das nur aufgrund des dürftigen 6lack-Features ist). Der Rest ist vielleicht nicht unbedingt der Oberhammer, aber als Ideenpool trotzdem gänzlich stimmig. Im Sinne eines entspannten und proaktiv chilligen Ansatzes schafft es Rashad hier, ein Album zu machen, das sehr schick dahinplätschert, mich in keinem Moment überfordert und auf eine gelassene Weise auch ziemlich groovig ist. Trotz vieler kleiner Ausreißer ist es dabei sehr kohärent und obwohl es Einzeltrack-technisch wenige krasse Highlights gibt, passt der Gesamtflow der Platte einfach total gut. Was mir insgesamt den Eindruck eines sehr gesunden Arbeitsprozesses und eines coolen Verhältnisses zum eigenen Schaffen gibt und es (zumindest für mich persönlich) sehr okay macht, nach fünf Jahren Wartezeit hier kein weiteres Meisterwerk bekommen zu haben. Denn um mich zu enttäuschen, ist das hier einfach zu gut und vom Ergebnis her zwar kein besonderes Rap-Album, aber ein ziemlich cooles. Und vielleicht ist das am Ende die Lektion, die wir an dieser Stelle von Isaiah lernen können: Man muss nicht die LP des Jahrzehnts machen, wenn man dafür den richtigen Vibe auffangen kann.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡 09/11

Persönliche Höhepunkte
Darkseid | From the Garden | Claymore | Headshots (4r the Locals) | True Story | Wat U Sed | 9-3 Freestyle | HB2U

Nicht mein Fall
Chad


Hat was von
Vince Staples
Vince Staples

Kendrick Lamar
Damn.


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