Samstag, 7. August 2021

Klassischer Tarantino

Logic - Bobby Tarantino IIILOGIC
Bobby Tarantino III
Def Jam
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ überflüssig | preachy | spaßig ]

Zuerst mal zur Prämisse und zur Geschichte dieses Albums, mit der eine Besprechung des selbigen ja unweigerlich anfängt: Es war eine ohnehin etwas fischige Angelegenheit, als Logic im Sommer 2020 auf der Höhe seines kommerziellen Erfolgs und nach einigen seiner größten Alben ankündigte, er würde sich ab sofort vom Musikmachen zurückziehen und lieber seine Zeit als Ehemann und Familienvater genießen wollen. Soll heißen, so richtig traute dem Frieden um ihn wahrscheinlich niemand. Selten, wenn Rapper*innen öffentlich solche Sachen erzählen, ist daran ja wirklich etwas wahres und dient auch meistens nur dazu, den Hype für das anschließende "Abschiedsprojekt" nochmal anzufachen, nur um dann noch mindestens drei davon zu machen. Wie die Sache bei Logic im Jahr 2021 ist, kann man indes nicht so wirklich sagen. Schon allein deshalb, weil er hier mal wieder zwei verschiedene Versionen der Geschichte zu erzählen versucht. Auf der einen Seite ist das Narrativ von Bobby Tarantino III das eines spontanen Spaß-Mixtapes, das während der Corona-Zeit mit ein paar Homies noch irgendwie als Beifang der letzten Platte entstand und eigentlich gar nicht zur Veröffentlichung gedacht war. Auf der anderen Seite redet der Rapper auf den Songs hier permenant davon, wie sehr er sich doch wieder zur Musik hingezogen fühlt und dass er jetzt "back for life" wäre. Aber egal welche Version davon am Ende nun die richtige ist oder ob es noch eine dritte, völlig andere, gibt, als künstlerisches Produkt zu diesem Zeitpunkt in Logics Karriere ist Bobby Tarantino III nicht weniger als eine glatte Bauchlandung. Denn weder ist es in irgendeiner Form ein musikalisches Comeback (was nach nur einem Jahr auch definitiv der falsche Begriff dafür wäre), noch ist es das clevere Stück Archivmaterial, das für die Schublade einfach zu schade war. Es ist keine sinnvolle Ergänzung zu der Phase der Karriere von Logic, die No Pressure letztes Jahr eigentlich optimal abgeschlossen hatte, aber auch keine deutliche Zäsur, die einen neuen künstlerischen Abschnitt beginnt. Viel eher fühlt es sich an wie ein überflüssiges Fitzelchen von einem Mixtape, das irgendwo zwischen den Stühlen existiert und noch dazu voll ist mit einigen der dämlichsten Logic-Songs seit langem. Womit ich meine, dass selbst für jemanden wie mich, der die Musik dieses Typen nie gut fand, hier vieles nochmal extra schief gewickelt ist. In nicht wenigen Tracks hier schafft es der Kalifornier, innerhalb eines Textes quasi gleichzeitig die ekelhaft-preachigen Ich-rette-mit-meiner-Musik-die-Welt-Attitüde auszupacken, die Platten wie Everybody einst so furchtbar machten und einen total pubertären Humor an den Tag zu lagen, der dazu völlig konträr geht. Über seine Frau redet er dabei auch noch viel, aber nicht mehr auf die coole Familienpapa-Art und Weise wie auf No Pressure, sondern wahlweise in einer selbstbeweihräuchernden Chance the Rapper-Manier oder auf ziemlich besitzergreifende Statussymbol-Weise, wobei beide Varianten einfach krass unsympathisch sind. Negativer Höhepunkt ist diesbezüglich der grauenhafte Pillow Talk, den Logic am Ende von God Might Judge für nötig befindet und der an dieser Stelle anscheinend sexy wirken soll. Wobei auch eine weitere uncoole Angewohnheit vom Vorgänger überlebt hat, nämlich die, dass der Protagonist in einem Skit ausführlich erklären muss, wie und warum diese Platte gerade gemacht wird und was dabei alles in der Peripherie passiert. Zwar finde ich die Nummer hier ein bisschen angenehmer gelöst als auf No Pressure, weil sie sich auf das Outro eines einzigen Tracks beschränkt statt auf das komplette Album verteilt zu werden und es bezüglich des musikalischen Fortbestehens von Logics Karriere ja tatsächlich Erklärungsbedarf gibt, trotzdem kommt sie nicht um eine nervige Blabla-Aura herum. Abgesehen davon ist der Großteil der Stücke hier einfach nur öde bis irrelevant, mit dem Song Flawless als ganz okaye Ausnahme, die aber auch nichts mehr am Gesamtergebnis ändert. Nach der gefühlt recht starken und vor allem verhältnismäßig bullshitfreien Phase, die Logic seit 2018 hatte, ist das hier wieder ein ziemlicher Reinfall von einem Mixtape, das meine schlimmsten Vorurteile über den Rapper bestätigt. Womit sich diese LP zumindest in einer Hinsicht einem Muster zuordnen lässt: Es setzt den Trend der Verbrechen gegen den guten Geschmack fort, die die Bobby Tarantino-Mixtapes in der Karriere des Kaliforniers schon immer waren. Zwar ist es im Vergleich zu den letzten beiden Teilen der Saga (vor allem Teil 2) noch irgendwie moderat scheiße und hat sogar seine guten Momente, doch macht es trotzdem alles das entscheidende bisschen schlechter als es zuletzt Album-Logic machte. Insbesondere bezogen auf No Pressure, von dem hier viele Ideen übernommen werden, ist das hier die Katastrophe, an der jene LP letztes Jahr so knapp vorbeischlidderte. Und ganz ehrlich: Diese Platten sind mir am Ende vielleicht die liebsten von Logic. Denn so unsympathisch wie ich den Kalifornier finde, zeigt sich das hier auch endlich mal wieder in seiner Musik, was mich irgendwie beruhigt. Denn für einen Moment dachte ich echt, ich könnte diesen Typen mögen.

🔴🔴🔴🟠🟠⚫⚫⚫⚫⚫⚫ 05/11

Persönliche Höhepunkte
Flawless

Nicht mein Fall
Get Up | My Way | Call Me


Hat was von
Chance the Rapper
the Big Day

Drake
Nothing Was the Same
 
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen