Mittwoch, 16. September 2015

Lass rauschen

HELEN
the Original Faces

Kranky
2015
















Ist es Shoegaze? Ist es Garagenrock? Ist es Indiepop? Nein. Es sind Helen, die neue kleine Hobby-Band von Grouper-Frontfrau Liz Harris. Und vor uns liegen haben wir das Debütalbum des Trios, the Original Faces. Eine Platte, die eigentlich gar nicht so richtig zur Veröffentlichung gedacht war. Denn wenn es bisher um Helen ging, redete man immer von einem "Spaßprojekt" und "reinem thrash". Ein Longplayer war so in keiner Form geplant. Trotzdem wurden während dieser Zeit immer wieder Spuren der geschriebenen Songs in einem Studio in Portland aufgenommen und so sammelte sich über Monate und Jahre eine nicht unansehnliche Kollektion an Material an. 32 Minuten davon sind nun auf dieser Scheibe zu finden und trotz der eher bescheidenen Motivation dahinter können Harris und ihre Mitstreiter hier überzeugen. Man merkt the Original Faces deutlich an, dass es häppchenweise und in vielen separaten Sessions eingespielt wurde. Es gibt keine einheitliche Marschrichtung der zwölf Tracks, die Tendenz geht hier in Richtung Dreampop, schwängt dann wieder zum Noise um und sogar ein paar recht ambiente Passagen finden sich hier. Da das ganze aber ohnehin unter einer Tonne Reverb- und Distortion-Effekten vergraben liegt, fällt diese mangelnde Einheitlichkeit nie unangenehm auf. Sowieso muss man diese Platte dafür loben, wie sie mit LoFi-Produktion umgeht. Der dicke Schleier, den Helen konsequent um alle Elemente ihrer Kompositionen legen, verschluckt einen beträchtlichen Teil des Songwritings. Doch statt dadurch nur pappigen Sound-Brei zu erzeugen, macht es die Stücke geheimnisvoll, weil man eben nicht alles vorgesetzt bekommt. Harris' Lyrics beispielsweise sind lediglich zu erahnen und schweben geisterhaft zwischen den Passagen umher. Auch vom Schlagzeug ist nicht jeder Ton eindeutig zu hören und man muss sich manchmal selber die Musik hinter der akustischen Nebelwand zusammenbauen. Eine ziemlich waghalsige Ästhetik, aber eine, die flächendeckend funktioniert. The Original Faces ist bei aller Laxigkeit ein Album, das die Fantasie des Hörers anregt und zum Mitdenken auffordert. Es könnte sein, dass das einigen zu herausfordernd ist und auch diese Sichtweise ist für mich sehr nachvollziehbar. Nicht jeder will an seinem Hörerlebnis auch noch selber mitarbeiten müssen. Ich persönlich allerdings bin von Helen begeistert und könnte ruhig noch mehr vertragen als diese eine popelige Mini-LP. Auch wenn man dafür ein bisschen den Spaß riskieren müsste.
9/11

Beste Songs: Allison / City Breathing

Nicht mein Fall: -

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