Montag, 14. September 2015

Fressen und gefressen werden

THE LIBERTINES
Anthems for Doomed Youth

EMI
2015
















Um ganz ehrlich zu sein, würde ich den Nachmittag eigentlich lieber anders verbringen als mit einem Album der Libertines. Die Briten, die für viele als die absoluten Helden der Noughties gelten, sind in meinen Augen nur die Blaupause für eine Vielzahl an nervtötenden Indierock-Bands und eine der Instanzen, die die Retromanie Mitte der Nuller so richtig schlimm machte. Nicht umsonst habe ich die jeweils letzte Platte der Babyshambles und von Carl Bârat auf diesem Blog nicht kommentiert und auch bisher noch kein Wort über Anthems for Doomed Youth verloren. Diese Jungs interessieren mich nicht die Bohne. Was allerdings nicht heißt, dass es niemanden geben würde, der doch noch was für diesen Longplayer übrig hat, immerhin reden wir hier vom lang erwarteten Comeback der Libertines. Und bei aller Miesmacherei, es ist ja nicht so, als würden sie hier keinen geraden Ton herausbekommen. Die zwölf Songs, die hier präsentiert werden, sind absolut okay für jemanden, der im Jahr 2006 stecken geblieben ist und nicht weiß, dass auch schon besser von den Stones und the Clash geklaut wurde. Anthems for Doomed Youth ist eben ein Komfortzonen-Album und etwas anderes hat man von denen hier 2015 wahrscheinlich auch nicht erwartet. Die alten Fans (zehn Jahre sind kein Pappenstiel!) werden sich freuen und die Blogger greifen den Mist auf, weil es am Ende eben doch verdammt nochmal die Band ist, die mal Up the Bracket und the Libertines gemacht hat. Und dass Pete Doherty und Carl Bârat sich wieder so gut vertragen, dass sie eine neue Platte machen, wäre zumindest vor ein paar Jahren noch eine Sensation gewesen. Allerdings weht mittlerweile ein anderer Wind in der Musikwelt und gerade an dieser Scheibe spürt man das sehr stark. Die Blogosphere, aus deren erster großer Welle die Libertines ja stammen, hat inzwischen die dritte Generation ihrer Kinder gefressen und eigentlich sind so Typen, die Texte über Alben schreiben, auch schon wieder ein Teil von gestern. Anthems for Doomed Youth hat also, so hart es auch klingen mag, in einer solchen Welt keinen Platz mehr. Deshalb macht es auch nichts, dass ich diese Band nicht mag. Das muss keiner mehr machen. Danke, liebe Szenepolizei!
4/11

Bester Song: Iceman

Nicht mein Fall: Fame and Fortune / You're My Waterloo

Weiterlesen:
Review zu They Want My Soul (Spoon):
zum Review

Review zu Rum, Sodomy & the Lash (the Pogues):
zum Review

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen