BAIO
the Names
Glassnote
2015
Die Zukunft von Vampire Weekend ist im Moment vielleicht so ungewiss wie noch nie zuvor. Mit Modern Vampires of the City, ihrem letzten Album, hinterließen die New Yorker zumindest bei mir vor allem Fragezeichen in Bezug darauf, wie es denn jetzt mit ihnen weitergeht. Und dass Soloplatten der Bandmitglieder darauf eine Antwort geben könnten, ist durchaus wahrscheinlich. In diesem Fall ist es Bassist Chris Baio, der sich mit the Names an seinen ersten eigenen Output traut und dabei Ergebnisse liefert, die manche erstaunen mögen, für mich aber das bestätigen, was ich schon lange vermutet hatte. Nachdem bereits Sänger Ezra Koenig sich zu Elektronik-Projekten (wie im letzten Jahr SBTRKT) hingezogen fühlte, geht Baio jetzt ebenfalls verstärkt diesen Weg. Der vorliegende Longplayer ist im weitesten Sinne ein Indietronic-Album, schlägt aber auch viele verschiedene Pfade ein. Wenige Bestandteile erinnern noch immer an die naiv-nerdige Frühphase seiner Stammband, stattdessen forstet sich der Künstler zwischen unschuldigem Synthiepop und Kalkbrenner-Style-Minimal Electro durch die 38 Minuten seines Debüts. Erfolgreich sind diese Ausflüge mal mehr, mal weniger. Wo ein Song wie Needs tatsächlich ein wenig Hitpotenzial enthält, ist das EDM-geschwängerte Sister of Pearl schon eher an der Grenze zur Peinlichkeit befindlich. Und was ist nun eigentlich mit der Zukunft von Vampire Weekend? Findet man die auf the Names? Auf den ersten Blick überhaupt nicht. Die Einflüsse und Ideen, aus denen Baio hier seine Tracks zusammen zimmert, wirken in den meisten Fällen ziemlich kopiert und wenn sie das mal nicht tun, dann weil er sie schon auf den Platten seiner Band eingesetzt hat. Dieser Longplayer wirkt auf mich eher wie eine Expedition in verschiedene künstlerische Gefilde der elektronischen Musik, an denen sich hier ausprobiert wird. Und was das angeht, wird es schon spannender. Schon das letzte Vampire Weekend-Album setzte stärker auf Keyboards und synthetische Verfremdung von Sounds und zumindest Chris Baio scheint diese Tendenz gerne ausbauen zu wollen. Was der Bassist hier dazu lernt, könnte auf einem weiteren Band-Release verstärkt in Erscheinung treten. Ob ich das gut finde? Wenn er seine Mitmusiker mit diesen Einflüssen wirklich bereichern will, sollte er lieber noch ein bisschen weiter üben, denn noch überzeugt mich diese Platte nicht wirklich. Und ob ich noch ein wankelmütiges Album von Vampire Weekend verkrafte, weiß ich nicht.
6/11
Beste Songs: Needs / Matter
Nicht mein Fall: Sister of Pearl
Weiterlesen:
Review zu Modern Vampires of the City (Vampire Weekend):
zum Review
Review zu Wonder Where We Land (SBTRKT):
zum Review
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