Sonntag, 20. September 2015

Boulevard of Broken Dreams

LANA DEL REY
Honeymoon

Vertigo
2015
















Es mag zwar so scheinen, als wäre seit Video Games nicht viel passiert, doch auch Lana del Rey ist mittlerweile beim dritten Album angekommen. Und obgleich es bei meinem letzten Review zu ihr eventuelle Andeutungen gab, dass ich mich so ausführlich nicht mehr mit dem selbsternannten Darling der Pseudo-Grunge-Bewegung befassen würde, sitze ich jetzt doch wieder hier und schreibe eine Besprechung. Was soll der Geiz, ich habe es ja selbst so gewollt. Hier ist also meine Meinung zu Honeymoon. Im Vorfeld des Albums waren die Tendenzen zugegebenermaßen wirklich interessant, da ein vorzeitiges Urteil aus den Singles diesmal nicht möglich waren. Mit dem schwermütigen, getragenen Titeltrack veröffentlichte die Künstlerin zu Beginn einen ihrer besten Songs, der die Hoffnung auf ein qualitativ hochwertiges Gesamtwerk nicht ausschließen lies. Was man allerdings von High By the Beach, dem bisher definitiv miesesten Teil ihrer Diskografie, so gar nicht behaupten konnte. Dazu muss noch gesagt werden, dass die Figur Lana del Rey mittlerweile auch die Aura der Mystizität, die sie stets umschwebte, irgendwie verloren hat. Eintönige Alben und der Zahn der Zeit haben aus dem einst so perfekten Kunstcharakter eine Musikerin unter vielen gemacht, die mit der eigenen Credibility zu hadern hat. Honeymoon steht also unter einem anderen Stern als ihre bisherigen Veröffentlichungen, dabei könnte es tatsächlich die Befreiung der Künstlerin in Lana del Rey sein. Denn was mir sowohl auf Born to Die als auch auf Ultraviolence fehlte, die musikalische Variabilität, ist hier zum ersten Mal mehr oder weniger eingekehrt. Nicht nur wird hier ein wesentlich größeres Instrumentarium aufgefahren als vorher, auch im Songwriting gibt es Verbesserungen. Der als Opener großartig funktionierende Titeltrack wird beispielsweise durch das leicht jazzende Music to Watch Boys By abgelöst, was einen gleich am Anfang staunen lässt. Auch Einflüsse aus Achtziger-Pop, Tarantino-Rock und modernem Elektro kann man hier allerorten hören. Es sieht ganz so aus, als könnte Frau del Rey endlich ein bisschen so sein wie die Nancy Sinatras und Marylin Monroes, die sie seit Jahren kopiert. Honeymoon ist kein Durchbruch zum Image eines ernstzunehmenden Künstlers, aber der erste Schritt dahin. Und wie immer steckt der Teufel dabei im Detail: Die Streicher-Arrangements sind hier großartig, die Songs sind fokussierter und gehen Risiken ein. Ein Anfang ist damit getan. Was sich nach wie vor problematisch darstellt, ist hingegen die Künstlerin selbst. Ihr monotoner Gesangsstil ist hier ebenso wenig verschwunden wie ihre unglaublich platten Lyrics, was natürlich total schade ist. Denn alle coolen Modifizierungen bringen wenig, wenn die Frau, deren Name am Ende auf der Plattenhülle steht, nach wie vor singt wie eine emotional unterforderte Vierzehnjährige. Und in diesem Sinne ist High By the Beach sogar noch echt okay, Stücke wie Freak oder Art Deco beinhalten Fremdschampotenzial wie bisher nur wenige Nummern von ihr. Der Fortschritt auf Honeymoon ist im Endeffekt also nur scheinbar vorhanden. Oberflächlich klingt vieles hier wirklich ausgereift, doch bei näherer Betrachtung bekommt man bei Lana del Rey noch immer das gleiche, was es die letzten vier Jahre lang schon gab. Ich bereue es nicht, mich hiermit noch einmal befasst zu haben, denn einen interessanten Einblick in die Geschichte dieser Künstlerin war es definitiv. Nur ist das Ergebnis bei mir das gleiche wie bisher auch immer: Die Grundidee ist gut, aber die Umsetzung ist ausbaufähig. Und ob es nach drei mehr oder weniger erfolglosen Versuchen noch zu diesem Ausbau kommt, wage ich langsam zu bezweifeln. So unglaublich schmerzhaft das auch ist.
7/11

Beste Songs: Honeymoon / God Knows I Tried

Nicht mein Fall: Freak / Art Deco / Religion

Weiterlesen:
Review zu Ultraviolence (Lana del Rey):
zum Review

Review zu Beauty Behind the Madness (the Weeknd):
zum Review

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