Mittwoch, 9. September 2015

Disneyprog

THE DEAR HUNTER
Act IV: Rebirth in Reprise

RudeNetworks
2015
















Wisst ihr was das tolle daran ist, kein Profi zu sein? Man kann es sich gönnen, nicht immer einen total stilsicheren Geschmack zu haben. Was ich mir in den vergangenen Jahren durch diesen Blog für einen Katalog an peinlichen Lieblingsbands erarbeitet hat, kann man eigentlich keinem erzählen. Aber genau darum geht es ja hier. Und mit the Dear Hunter erhält nun ein Künstler medialen Aufwind, der gerade zu geschaffen dafür scheint, mir unangenehme Schwächen zu entlarven. Der junge Songwriter Casey Crescenzo, der sich als Hauptschaffender hinter diesem Pseudonym verbirgt, hat sie nämlich alle: Die großzügig orchestrierten, cineastischen Streicher-Melodien, überkandidelte Prog-Eskapaden, euphorische Emorock-Vocals und das fast anderthalbstündige Album, auf dem alles kombiniert wird. Rebirth in Reprise klingt wie eine völlig überzuckerte Mischung aus Muse, Sufjan Stevens, Danny Elfman, Neutral Milk Hotel und Rush und ist genau deswegen so auffällig. Zudem schreibt Herr Crescenzo ziemlich gute Songs, die auch noch fantastisch produziert wurden. Wenige Minuten dieser Platte zu hören, reichen eigentlich schon, um darüber zu entscheiden, ob das hier totaler Schrott oder ein ziemlicher Geniestreich ist. Und meine Einschätzung ist, obgleich ich mich dafür ein bisschen schäme, eben eher letztere. Aber auch nicht unbegründet. Die Streicherpassagen hier sind hervorragend geschrieben, der Gesang ist trotz seiner offensichtlichen Überzogenheit nie wirklich schlecht und die vielen verschiedenen ästhetischen Puzzleteile passen wunderbar ineinander. Was the Dear Hunter allerdings noch lernen müssen ist, einen fetzigen Rocksong zu schreiben. Der Versuch das zu tun, findet hier des öfteren statt und ist dabei nicht einmal erfolgreich. The Old Haunt oder At the End of the Earth sind dann auch einfach nur schlechte Stücke, bei denen einem schon mal die letzte Titus Andronicus unverdaut wieder hochkommt. Was hingegen immer funktioniert ist das Arrangement großer Instrumentarien, die hier für wirklich magische Momente sorgen. Zwei Extreme halten sich hier also über die komplette Länge die Waage und machen Rebirth in Reprise zu einem Album, das gleichzeitig furchtbar und fantastisch ist. Es hilft dabei nicht, dass die ganze Sache jenseits jeglicher Objektivität stattfindet und man im Konsens nur bedingt eine Antwort findet. Dafür kann ich versprechen, dass es ganz bestimmt nicht langweilen wird.
7/11

Beste Songs: Rebirth / Remembered / A Night On the Town

Nicht mein Fall: the Old Haunt

Weiterlesen:
Review zu Meliora (Ghost):
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Review zu the Most Lamentable Tragedy (Titus Andronicus):
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