Freitag, 25. September 2015

House of Cards

THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE
Harmlessness

Epitaph
2015














Man macht sich natürlich große Hoffnungen. Between Bodies, das letzte Album von the World is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid to Die, war eben einfach fantastisch. Und dass diese Band eine der größten Indierock-Dinger der aktuellen Dekade sind, fand ich sowieso schon vorher. Und wenn dann nach weniger als einem ganzen Jahr schon wieder ein Longplayer erscheint, macht man sich natürlich große Hoffnungen. Noch im Review zur ersten Vorab-Veröffentlichung January 10th, 2014 redete ich davon, dass Harmlessness ein Kandidat für die beste Platte in ganz 2015 werden könnte und kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Nachdem selbige Platte nun aber draußen ist, kann ich das mit ziemlicher Sicherheit verneinen. The World is A Beautiful Place haben hier nicht das Album gemacht, mit dem sie endgültig zu den ganz großen gehört hätten. Um ehrlich zu sein, ist es eigentlich ein eher mittelprächtiges Teil, was uns die Band aus Connecticut da präsentiert. Um ganz ehrlich zu sein ist es ihr schlechtestes Teil bisher. Das bedeutet bei einer solch sattelfesten Formation zwar nicht im eigentlichen Sinne, dass es mies oder völlig unhörbar ist, sondern nur in Relation schlecht. Trotzdem tut es weh, wie diese talentierten jungen Musiker plötzlich haufenweise Schusselfehler einschleichen lassen, schwache Songs schreiben und das ganze Gefüge einer Platte aus dem Leim gehen lassen. Das Konzept von the World is A Beautiful Place war schon immer ein gefährliches: Nie wirkten ihre Kompositionen wie wirklich durchgestylte und sichere Nummern, alles bewegte sich am Rande zum Improvisierten. Das machte ihre Songs und Longplayer einerseits unglaublich spannend, andererseits drohte dieses Kartenhaus auch andauernd, zu kippen. Auf Harmlessness ist nun zumindest ein Stück davon eingestürzt. Und das kommt vor allem durch die klangliche Veränderung, die the World is A Beautiful Place hier vornehmen. Die neue Platte schließt mit einem Großteil der Postrock-Elemente, die von Stunde Eins an eigentlich Fan-Favoriten waren (oder zumindest meine) ab und erweitert das Sound-Spektrum dafür um einige Pop-Koeffizienten. Das hat zur Folge, dass viele der Tracks hier an Zug verlieren und ein wenig Lasch wirken. Ein Song wie Rage Against the Dying Light ist einfach nur ziemlich langweilig. We Need More Skulls hingegen, welches als vielleicht einziges Stück noch sehr postrockig angehaucht ist, entfaltet hier volle Schlagkraft und bildet einen interessanten Kontrast. Auch mein zweites großes Problem mit Harmlessness ist eines, das ich bei dieser Band nie vermutet hätte: Texte. Between Bodies war eine Platte, die vor allem anderen durch ihre ausgeprägte lyrische Qualität überzeugte. Und was haben wir stattdessen hier? Überwiegend ziemlich flache Ergüsse über die üblichen, existentialistischen Themen von the World is A Beautiful Place-Songs, die keinerlei Überraschungen bieten. Dazu kommt auch noch der relativ lahme Gesang der beiden Vokalisten, deren Duett-artige Vortragsweise zwar meistens recht spannend ist, doch die rein stimmlich diesmal wenig bietet. Kritik muss also definitiv geübt werden. Ich will dennoch nicht so tun, als würden die guten Aspekte an Harmlessness nicht überwiegen. You Can't Live There Forever ist ein fantastischer Opener, die übergreifende Ästhetik der Platte ist mal wieder erste Sahne, die labbrige Indie-Produktion passt wie die Faust aufs Auge, der verstärkte Einsatz von Banjos in Mental Health ist eine nette Innovation und mit I Can Be Afraid of Anything und Mount Hum ist the World is A Beautiful Place ein fulminantes Finale gelungen. Am Ende des Tages ist dieses Album also vielleicht fehlerbehaftet, aber dennoch ein sehr überzeugendes Stück Musik, das meine ambitionierten Hoffnungen nicht im geringsten zerstört. Ich würde nicht mal ausschließen, dass es am Ende des Jahres unter den besten 30 Platten landet. Doch seinen Vorgänger wird es dabei mit Sicherheit nicht einholen. Ist das schlimm? Kein bisschen, wenn man nicht wie ich ein Album erwartet hat, das alle Erwartungen sprengt. Und das ist nicht etwa kindisch von mir, denn the World is A Beautiful Place könnten das hinkriegen. Vielleicht das nächste Mal.
9/11

Beste Songs: You Can't Live Here Forever / the Word Lisa / I Can Be Afraid of Anything

Nicht mein Fall: Rage Against the Dying Light

Weiterlesen:
Review zu January 10th, 2014 (the World is A Beautiful Place):
zum Review

Review zu Between Bodies (the World is A Beautiful Place):
zum Review

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen