Sonntag, 2. August 2015

Zähne zeigen

INJURY RESERVE
Live From the Dentist Office

-
2015
















Wenn man in den Staaten eine ordentliche Unfallversicherung abschließen möchte, muss man nach wie vor tief in die Tasche greifen. Keine Ahnung, ob es zum abgeranzten Dicke-Hose-Image dieser Jungs gehört, sich deshalb genau danach zu benennen und ob die Zahnarztpraxis bei ihnen daheim in Arizona der heiße Spot der Stadt ist. Jedoch bleibt zumindest musikalisch die Kirche hier im Dorf. Injury Reserve sind im Moment das, was demnächst die nächste richtig heiße Nummer des US-Rap werden könnte und schon allein die Tatsache, dass das Trio das mit relativ klassischen Jazz-Rap- und G-Funk-Sounds bewerkstelligt, macht sie bemerkenswert. Relativ deshalb, weil das ganze am Ende doch irgendwie sehr modern und zeitgemäß und überhaupt nicht nach 1993 klingt. Live From the Dentist Office ist das erste größere Projekt der beiden Rapper Ritchie With A T, Stepa J Groggs und dem Produzenten Parker Corey und man kann es zurzeit kostenlos auf Soundcloud erstehen. Was es jedoch zu einem der spannendsten Debüts der aktuellen HipHop-Szene macht, ist nicht der Oldschool-Faktor oder das Outsinder-Image der Band, sondern das großartige Gesamtpaket, dass Injury Reserve hier abliefern. Die drei Provinzpossen verfügen nicht nur über den Spirit, der A Tribe Called Quest und De La Soul damals so cool gemacht hat, sondern auch über den Spirit, der sie im heutigen HipHop-Kontext rechtfertigt. Sie haben die Edgyness eines kleinen Indie-Projektes, schreiben aber trotzdem einen ganzen Haufen Hits. Sie können gleichzeitig ordentlich den Swag aufdrehen und im nächsten Moment die Schulter sein, an der man sich ausheult. Sie haben großen Respekt vor den von ihnen so geliebten Jazz-Künstlern, können aber auch mit Autotune und EDM-Beats umgehen. Angesichts dieser Tatsachen ist es kein Wunder, dass Szene-Experten schon seit langem auf das Debüt dieser Band warten, die vielleicht sogar mehr werden könnten als die neuen Das Racist oder Odd Future. Und obwohl eine Veröffentlichung von Dentist Office in Deutschland noch in den Sternen steht, auch ich würde im Moment einiges auf Injury Reserve setzen. Mit diesen elf Songs hier haben die drei das Album gemacht, das ich mir von Drake immer gewünscht habe und das Digable Planets im Optimalfall gemacht hätten, wenn sie noch aktiv wären. Die Zukunft sieht im Moment also ziemlich glänzend aus für diese Jungs. Ich drücke die Daumen ab jetzt mit.
10/11

Beste Songs: Whatever Dude / Wow / Whiplash / Everybody Knows

Nicht mein Fall: -

Weiterlesen:
Review zu If You're Reading This, It's Too Late (Drake):
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Review zu Blowout Combs (Digable Planets):
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