Freitag, 21. August 2015

Rap God

DR. DRE
Compton

Universal
2015
















Wisst ihr, was für mich das wirklich beeindruckende an Dr. Dre ist? Nicht, dass er der momentan am besten verdienende Musiker des Planeten Erde ist. Nicht, dass Generationen von namhaften Musikern wie Snoop Dogg, Eminem oder Kendrick Lamar von ihm entdeckt wurden und auch nicht, dass er nach fast 30 Jahren im Business noch immer zeitgemäß und verdammt cool klingt. Es ist seine Fähigkeit, alles was er anfasst zu einem Klassiker zu machen. Mit dem Namen Dr. Dre verbindet man aus heutiger Sicht drei Alben, die definitiv zu den wichtigsten Longplayern der gesamten HipHop-Geschichte gehören: Straight Outta Compton von N.W.A., das erste große Gangsta-Rap-Manifest, sowie seine wegweisenden Soloplatten the Chronic und 2001. Zwischen letzterem und Compton, seinem neuesten großen Streich, liegen inzwischen ganze 16 Jahre. Eine halbe Ewigkeit, in der der MC und Produzent sich schwer tat, mit diesem Erbe richtig umzugehen. Sein drittes Album Detox, an welchem er jahrelang arbeitete, schrieb er letztendlich für die Schublade und trotz kommerziellen Höhenflügen war das neue Jahrtausend bisher kein gutes für Dr. Dre. Compton fühlt sich für viele von uns deswegen wie eine Wiedergeburt an und dass es sich hierbei mindestens um das Comeback des Jahres handelt, steht außer Frage. Auch für mich ist es eine Sensation, dass das neue Album jetzt tatsächlich da ist und meine Erwartungen daran waren verdammt hoch. Die letzte Woche, die noch zwischen dem Veröffentlichungstermin in den USA und dem in Europa lag, war die reinste Qual und ich bin froh, jetzt auch reinlauschen zu dürfen. Und zuerst einmal muss ich diesem Mann wieder ein Lob aussprechen. Compton ist ein HipHop-Album, das mit beiden Beinen im Jahr 2015 steht und gleichzeitig einer Figur wie Dr. Dre absolut würdig ist. Das sieht man schon an der Liste der Featured Artists hier: Natürlich sind die alten Homies wie Xzibit, the Game, Snoop Dogg und Eminem hier dabei, doch die wirklich herausragenden Performances sind nicht den Legenden vorbehalten, sondern den jungen Wilden. Kendrick Lamar ist auf diesem Album in Bestform und liefert in gleich drei Songs großartige Strophen ab. Eine weitere Überraschung ist auch King Mez, der vor allem im großen Opener Talk About It fantastisch klingt. Dre selbst ist wie immer meist nicht der Star seiner Tracks und lässt gerne andere für ihn sprechen. Ausnahmen sind hier die Nummern It's All On Me und der Closer Talking to My Diary, in denen sich der Rapper dann auch gerne mal sentimental und angreifbar zeigt. Für den Typen, der sich in über 20 Jahren als quasi unbesiegbar gezeigt hat ist das tatsächlich etwas besonderes. Was allerdings fehlt, und das finde ich wirklich schade, sind die wirklich großen Hits, die es von Dre bisher immer gab. Songs wie Nuthin' But A G Thang oder the Next Episode sucht man hier vergeblich zwischen vielen halbherzigen Bangern und Pseudo-Balladen. Womit wir zum Wermutstropfen von Compton kommen. Die neue Platte des HipHop-Großmeisters ist gut, vielleicht sehr gut. Aber alles vorher war doch das berühmt kleine Stückchen besser. Es beruhigt, nicht 16 Jahre auf ein mittelmäßiges Album gewartet zu haben, aber man muss sich selbst gegenüber auch ehrlich sein und zugeben, dass es doch nicht dasselbe ist. Ich empfehle diese Platte jedem meiner Leser, bin gewillt, sie mir selbst zu kaufen und sehe das Ganze als wichtigen Schritt in der Diskografie von Dr. Dre. Ein Genre wird er allerdings nicht nochmal revolutionieren. Und das macht er hier das erste Mal. Luxusprobleme? Und was für welche.
8/11

Beste Songs: Talk About It / Darkside/Gone / Just Another Day

Nicht mein Fall: All in A Day's Work

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