Samstag, 22. August 2015

Reign in Pop

GHOST
Meliora

Caroline
2015
















Was für Musik machen Ghost im Jahr 2015? Das mit dem Heavy Metal haben sie lange überwunden, für richtige Popmusik fehlt noch der letztendliche Wille zur Radiotauglichkeit, für Progressive Rock ist das hier zu retro und für Retrorock zu progressiv. Dass die Schweden also eine Sonderstellung in der heutigen Musiklandschaft einnehmen, ist von vornherein klar, wenn man sich Meliora, ihrem dritten Longplayer, widmet. Mit ihrem letzten, Infestissumam von 2013, übten sie sich in dieser transzendentalen Herangehensweise, bestückten ihren epochalen Doom-Rock üppig mit Keyboards und dick aufgetragenen Melodien und ließen damit die komplette Pop-Welt mit einem Stirnrunzeln zurück, das für zwei Jahre auf den Gesichtern blieb. Die neue Platte soll jetzt Klarheit darüber schaffen, was Ghost eigentlich von uns wollen. Mit einem neuen Papa Emeritus und Produktion von Andy Wallace, der schon so unterschiedliche Künstler wie Kelly Clarkson und Slayer abgemischt hat, geht es hier also an Album Nummer drei und mit Vollgas in Richtung Stadionrock. Man kann über Meliora viel sagen, aber es weiß definitiv um seine Schlüsselrolle, die es nicht nur für Ghost selbst, sondern für den modernen Heavy Metal einnimmt. Und diese Rolle füllt es dadurch aus, dass es das Metal-Album mit dem größten Pop-Appeal ist, das ich seit langem gehört habe. Mit aufwendigem Instrumentarium und Feinschliff-Sound geht die Band aus Linköping seinen Weg sehr souverän und beantwortet tatsächlich alle Fragen, die ich nach dem Vorgänger hatte. Ghost wollen das große Publikum und die Radio-Hits und mit Meliora rückt dieses Ziel näher als je zuvor. Die Platte verfügt über tonnenweise Hit-Potenzial und verzichtet trotzdem nie auf einen leicht okkulten und mystizistischen Anstrich. Songs wie Spirit, Cirice, He Is oder Majesty sind epische Rock-Nummern, wie man sie sich heute nur noch selten traut und die tatsächlich immer ihre Wirkung erzielen. Gerade He Is mit seiner tiefen Verbeugung vor den Songs von Abba ist aber auch tatsächliches Material für Pop-Charts. Das so ziemlich einzige, was mich an Meliora stört, ist der konsequente Steven-Wilson-Einschlag, den man in so gut wie allen Tracks heraushört. Die tatsächliche Qualität des Songwritings beeinträchtigt das jedoch nicht. Am Ende haben wir es hier meiner Meinung nach trotzdem mit dem besten Album zu tun, das Ghost bisher veröffentlicht haben. Ganz einfach weil es das erste ist, auf dem sich die Schweden wirklich souverän zeigen, was hier einen unwahrscheinlichen Schub für die Band erzeugt. Damit beweisen sie sich einmal mehr als Ausahme-Rockband in der aktuellen Musiklandschaft und eine der wenigen, denen ich wirklich auch kommerziell eine große Zukunft prophezeien würde. Denn das mit dem Radiohit ist nach diesem Einstand definitiv nur noch eine Frage der Zeit. Weiter versuchen werden Ghost auf jeden Fall.
9/11

Beste Songs: Spirit / Cirice / He Is / Devil Church / Absolution

Nicht mein Fall: Deus in Absentia

Weiterlesen:
Review zu Pale Communion (Opeth):
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