Mittwoch, 19. August 2015

Lieblingslieder: Teil 2: A Brand New Dance

THE ROCK STEADY CREW
(Hey You) The Rock Steady Crew

Charisma
1983
















Ich rede in dieser Serie von Reviews ganz bewusst von "Lieblingsliedern" statt von den "Besten Songs aller Zeiten" oder ähnlichem. Denn dass mein Geschmack weder unfehlbar ist noch sich ausschließlich mit wirklich geschichtträchtigen Tracks befasst, kann ich beim besten Willen nicht behaupten. Ein gutes Beispiel: the Rock Steady Crew. Man kann diesen großartigen Song mit großer Sicherheit als einen in der Musikgeschichte verloren gegangenen Hit bezeichnen, den die meisten Leute sicherlich auch nicht vermissen werden. Ich selbst war überrascht zu erfahren, dass sich die Nummer damals ganze 17 Wochen in den deutschen Single-Charts hielt und dort bis auf Platz sechs kletterte. Ich sah darin immer nur eine fantastische Kuriositäten-Show aus den frühen Tagen der New Yorker HipHop-Szene. Denn eigentlich waren the Rock Steady Crew gar keine Band, sondern eine der ersten wirklich bekannten Breakdance-Gruppen. In den frühen Achtzigern vom Fotografen Henry Chalfant entdeckt, war es der schnelle und überraschende Erfolg, der sie irgendwie beim Musiklabel Charisma landen ließ, wo sie 1983 das Album Ready for Battle aufnahmen. Das ganze ist keine schöne American-Dream-Geschichte, sondern eher eine, in der ein paar idealistische junge Talente mit einer neuen Idee vom großen Business geschluckt und zerkaut werden. Auch ist die eine wirkliche Hit-Single the Rock Steady Crew keine Verbeugung vor der damals wahnsinnig aktiven jungen HipHop-Szene, sondern eher der Versuch, diese in ein gefälliges Mainstream-Korsett zu quetschen. Eine ganze Reihe an Komponisten war an diesem Song beteiligt, nur einer von ihnen war kein bezahlter Label-Songwriter. Das Ergebnis ist ein Stück, das abgesehen von ein paar gerappten Strophen und der übergreifenden Breakdance-Thematik auch von Kim Wilde oder Cyndi Lauper hätte sein können. Das Musikvideo dazu ist zwar eine der wenigen Quellen, die die Anfänge der Szene ausführlich zeigen, dennoch ist die Story hinter the Rock Steady Crew theoretisch ganz schön verwerflich. Was nicht heißt, dass hier am Ende kein verdammt guter Song herausgekommen ist. Mit der catchy Synthesizer-Melodie und einer Hook, für die die meisten HipHop-Produzenten heute über Leichen gehen würden, ist dieser Track nach the Message von Grandmaster Flash und Planet Rock von Afrika Bambaataa einer der ersten großen Hits der Rap-Geschichte. Auch wenn heute nur noch die wenigsten etwas damit anzufangen wissen, gibt er einen seltenen Einblick in die Frühphase der New Yorker Szene und ist dabei ein wunderbares Dokument der Zeit, als dieses Genre noch irgendwie unbeschwert und einfach war. Keine bessere Zeit, aber eine, die heute für viele nicht mehr vorstellbar ist. Deshalb braucht es diesen Song.

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