Montag, 3. August 2015

Retro-Review: Das Album

PINK FLOYD
Wish You Were Here

Harvest Records
1975
















Pink Floyd waren meiner Meinung nach nur in einer bestimmten Phase ihren künstlerischen Schaffens wirklich die Band, die ihr Werk zu etwas wirklich besonderem machte, das weit darüber hinaus ging, was man landläufig als "Progressive Rock" verstand. In der diese Gruppe von Musikern Songs erschuf, die nicht nur die Welt der Populärmusik nachhaltig beeinflussten, sondern sich einen Platz in der Kultur von Jahrhunderten einräumten. Und Wish You Were Here war einer der Höhepunkte dieser Phase. Man merkt das daran, dass hier nicht nur der Wille da war, das Konzept Rockmusik um ein paar Aspekte weiter zu denken, sondern tatsächlich vollkommen neues zu erschaffen. Mit dem frühen Einsatz von Synthesizern, Quadrophonie-Aufnahmen und audiovisuellen Elementen bekommt vieles an diesem Album wahrhaft revolutionären Charakter. Es zeigt Pink Floyd auf dem eindeutigen Höhepunkt ihres Schaffens. War der Vorgänger Dark Side of the Moon, auch ohne jeden Zweifel ein Meisterwerk, doch noch eher ein Experiment, wie weit man Pop an seine Grenzen treiben kann, so ist Wish You Were Here der sattelfeste Beweis, dass Pink Floyd es zustande brachten, ihre Musik komplett vom Pop-Kontext zu lösen. Dabei zementieren sie hier wie nie zuvor ihre Rolle als Album-Band, die als großes Gesamtkonzept funktioniert. Zwar hat es der Titeltrack hier über die Jahre auch alleine geschafft, zu einer Art Rock-Hymne zu werden, doch damit wird eigentlich Missbrauch getrieben, wenn man bedenkt, wie viel Sorgfalt darauf verwendet wurde, hier alles zusammen klingen zu lassen. Wish You Were Here ist eine der Platten, die das am besten hinbekommt. Die durch Samples getrennten Sound-Epen und die alles umspannenden neun Parts von Shine On You Crazy Diamond, das alles ist so filigran konzipiert, dass man allen nur ans Herz legen kann, sich diese Platte komplett anzuhören, weil es sich so viel mehr lohnt. Und man erst dadurch die Höchstleistung richtig versteht, die Pink Floyd hier vollbringen. Weil die tollen Momente so noch viel besser zur Geltung kommen. Die ersten vier Gitarrentöne, mit denen David Gilmour in Shine On You Crazy Diamond die Spannung aufbricht, das Saxofonsolo zu Ende des Songs, das vertrackte Blues-Schema in Have A Cigar (ganz nebenbei auch einer der textlich beeindruckendsten Songs der Band), die entschleunigende Akustikgitarre im Titelstück und das unterschwellige Klavier im Closer. Und das alles so perfekt abgeschmeckt, dass man gar nicht merkt, wie schnell die 44 Minuten der Platte vorbei sind. Wish You Were Here treibt das Konzept Pink Floyd zur absoluten Perfektion und ich würde mich nicht schämen, es als vielleicht wichtigstes Album des Progressive Rock zu bezeichnen. Leider ist es auch das letzte der Band, das mir richtig gut gefällt und das Ende der zu Anfang dieses Reviews angesprochenen Phase. Man soll eben aufhören, wenn es am schönsten ist. Pink Floyd haben das zu meinem großen Bedauern damals getan.

Beste Songs: Shine On You Crazy Diamond / Have A Cigar

Nicht mein Fall: -

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Review zu the Endless River (Pink Floyd):
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