Mittwoch, 12. August 2015

Grænðkýr

LOGN
Í Sporum Annarra

-
2015
















Ich will ja hier um Gottes Willen keine Klischees über Popmusik aus Island breittreten. Dass die Insulaner auch andere Asse im Ärmel haben als Sigur Rós und Björk, ist weithin bekannt. Dennoch ist die Vorstellung von isländischem Grindcore nach wie vor eine ziemlich witzige. Dabei ist die Musik von Logn jetzt nicht grundlegend anders als die von, sagen wir mal, Converge oder anderen etablierten Bands. Höchstens in dem Sinne, dass sie sie ein bisschen das typisch nordische Black-Metal-Gen rezessiv geerbt hat, das sich in ihrem flächigen Riffing und teilweise über sechsminütigen Tracks (was mal so gar nicht Grindcore ist) äußert. Auch hat das Quartett aus Reykjavík zum Glück nicht die Genre-typische Affinität für billige LoFi-Sounds, sondern geht Í Sporum Annarra (grob übersetzt mit 'In den Schuhen der anderen') mit einer wahnsinnig tighten Produktion an, die sie vielleicht am ehesten zu einer Ausnahme im stilistischen Kontext macht. Wer Beweise dafür sucht, dass man es hier am Ende doch irgendwie mit Grindcore zu tun hat, der findet diese möglicherweise in den Vocals oder der nicht mal halbstündigen Spielzeit dieses Albums. Was aber viel wichtiger ist als Genre-Zuweisungen ist hier die Feststellung, dass Logn hier eine großartige Platte zusammengestellt haben. So spannungsvoll und dicht wie dieses habe ich seit langem kein Core-Projekt mehr erlebt, das auch gleichzeitig so rotzig und vorlaut ist. Jeder Takt sitzt auf diesem Album und alle Gegensätze sind gewollt. Wenn beispielsweise nach dem sphärischen Opener Þitt Rétta Eðli der Nachfolge-Track Fórnarlömb mit Sludge-Anleihen kontert, schlägt bei mir das Metal-Herz höher und ein knapp zweiminütiges Grind-Intermezzo wie Happdrætti Songarinnar funktioniert genauso gut wie der mehr als dreimal so lange Titeltrack. Unter den sechs Stücken hier einen besten zu finden ist so gut wie unmöglich, weil Logn hier kontinuierlich auf Höchstleistung spielen. Ich gehe nicht zu weit, wenn ich sage, dass Í Sporum Annarra das beste Hardcore-Album ist, das ich dieses Jahr gehört habe. Und das ist für eine Band aus einem Land, das für Elfengesang und Musik über bemooste Steine bekannt ist, schon ein starkes Stück. Im Prinzip trage ich gerade aktiv zur Emanzipation der isländischen Musikszene bei und es gibt gerade nichts, was ich lieber tun würde. Auch wenn ich dafür einmal im Leben Sigur Rós verraten habe.
10/11

Beste Songs: Happdrætti Songarinnar / Í Sporum Annarra

Nicht mein Fall: -

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