Freitag, 16. April 2021

Hall und Rauch

Small Black - Cheap Dreams
SMALL BLACK
Cheap Dreams
100% Electronica
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ synthpoppig | nostalgisch | unkompliziert ]

Ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber mich persönlich haben die Zwotausendzehner ein Stückweit immun gegen die Faszination gemacht, die von nostalgisch-cineastischen Synthpop und -wave-Platten ausgeht. Irgendwo zwischen den umjubelten Soundtracks von Drive und Stranger Things, der Entdeckung des Keyboards durch Kevin Parker und dem letzten Album von the Weeknd gab es einfach einen Moment, an dem mir unmöglich wurde, diese Art von effektiv gefällig gewordener Indiemusik als cool und innovativ anzusehen. Sicher gab es nach wie vor coole Platten, die diese Sorte Musik geschmackvoll reproduzierten, doch wurde aus einer stilistischen Ausrichtung, die einst ein ästhetisches Statement war, irgendwann unspektakuläre Stangenware. Und wer immer 2021 solche Songs schreibt, muss sich wohl oder übel den Vorwurf gefallen lassen, Teil eines Trends zu sein, der schon vor einer Weile aufhörte, spannend zu sein. Eine LP wie Cheap Dreams von Small Black, die das alles wirklich mal wieder richtig gut aufbereitet, läuft damit in meinen Augen Gefahr, übersehen zu werden. Und das, obwohl auch sie in keinster Weise authentischer oder tiefgreifender ist als Leute wie Roosevelt, Toro Y Moi oder Chvrches. Auch das Trio aus Brooklyn macht grundsätzlich nichts anderes, als die Klangwelten des Achtzigerjahre-Dreampop-Untergrunds auszubeuten, sie einmal gründlich durch den Chillwave-Nostalgiefilter zu schütteln und anschließend zu gleichsam ätherischen wie schmissigen Tracks zu verschrauben. Sänger Josh Koleniks Gesang ist ständig irgendwie halbpräsent, die analogen Keyboards sind dick aufgetragen und hochauflösend zurechtproduziert und in allen paar Takten klatscht das digitale Drumset wirkmächtig gegen die hallige Wall of Sound. Viele Songs dabei sind überraschend gut, aber die wenigsten bemerkenswert und im großen und ganzen verschwindet alles in einem flauschig-melancholischen Äther, der sich einfach gut anfühlt. Mit the Bridge gibt es hier genau einen Track, der durch sein prominentes Klaviermotiv mal ein bisschen aus dieser Formel ausbricht und ab und zu schreiben Small Black auch mal einen Gitarrensong, doch grundsätzlich funktioniert Cheap Dreams auf eine sehr effiziente Art und Weise. Und das ist auch gut so. Denn wären die New Yorker hier abenteuerlich drauf und würden ihre Musik mit großkotzigen Experimenten oder vielleicht sogar Inhalten aufpeppen, wäre das Ergebnis sicher nicht halb so cool. Was wir hier erleben ist ganz einfach eine Band, die ihre Kompetenzen kennt und auch weiß, was sie nicht will. Und ja, vielleicht ist das anbiedernd und nicht besonders originell, aber immerhin können diese drei Jungs die Songs schreiben, die sie schreiben wollen. Fast alles was sie hier tun, funktioniert nicht nur zu hundert Prozent, sondern hat auch noch eine verführerische Liebe zum Detail und ist herrlich simpel. Ich würde zwar nicht sagen, dass es auf diesem Album einen einzigen Hit ist, doch ist das Gesamtbild dafür extrem stimmig und hat überall Hand und Fuß. Also ja, auch wenn diese Platte prinzipiell nur als weiteres Argument dafür dient, dass die Synthpop-Welle ihre Innovationskraft verloren hat, bleiben die Ergebnisse an manchen Stellen erstaunlich stabil. Eine Sache, die Small Black mit den Duffer-Brüdern mittlerweile gemein haben.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡⚫⚫ 09/11

Persönliche Höhepunkte
Tampa | Duplex | Postcard | Waterworks | Driftwood Fire | the Bridge

Nicht mein Fall
-

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen