Mittwoch, 3. Februar 2021

These Are the Breaks

GALLERY S
The Many Hands of God
Haus of Altr.
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ clubbig | zwielichtig | hektisch ]
 
Ich bin zugegebenermaßen nicht der größte Experte, wenn es um die zigtausend Ableger clubbiger Techno-Gattungen geht, die in der großen Weiten Welt existieren. Und gerade die vielen Crossover-Formen, die bei sowas oft stattfinden, verwirren mich des öfteren. Allerdings habe ich prinzipiell die Faustregel, dass man schon mal gute Karten hat, wenn man einen ordentlichen Breakbeat hinbekommt. Und was das angeht ist jemand wie Wyatt D. Stevens definitiv ein überdurchschnittlich qualifizierter Ansprechpartner. Mit diversen Pseudonymen und Formaten ist der New Yorker seit etwa 2018 als Musiker, Filmemacher und Labelchef des Imprints Haus of Altr. sehr fleißig gewesen und hat in der Szene inzwischen das ein oder andere Stein im Brett. Die meisten seiner Sachen veröffentlicht er dabei unter dem Moniker MoMa Ready, doch auch sein zweites Standbein Gallery S hat er inzwischen ausreichend etabliert. Was zwischen den beiden genau der Unterschied ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht so richtig, doch sind beide ziemlich kreative und empfehlenswerte Projekte, die für die erfolgreiche Vermählung von Deep House und Drum & Bass einstehen. Ein Umstand, der sich auch auf the Many Hands of God, dem neuesten Gallery S-Album, nur noch weiter bestätigt. Der Sound der Platte besteht dabei im wesentlichen aus zwei Hauptkomponenten: Auf der einen Seite sehr hektische und epilleptisch verglitchte Break-Elemente, die den Rhythmusteil ausmachen, zum anderen tiefatmosphärische, hallige und ziemlich finstere Synth-Flächen, die ein paar karge Melodiebögen spannen. Darüber projiziert Stevens dann immer wieder minimalistische Vokal-, Keyboard- oder Perkussionssamples, die zwischenzeitlich aufflirren und die Düsternis zumindest etwas brechen. Ohne Frage klingt die Musik auf the Many Hands of God damit sehr klaustrophobisch, verrucht und technoid, also mit anderen Worten optimal für zwielichtige Afterhours in modrigen Kellergeschossen. Folglich ist es auch nicht von Belang, hier die klanglichen Attribute von Einzeltracks herauszuheben, da alles auf diesem Album irgendwie fließt und nahtlos miteinander verschwimmt. Auch mag ich es generell nicht, solche Musik zu sehr durchzuanalysieren, weil das wider ihrer Idee ist. Das hier sind keine Songs, die man mit dem Kopf hören sollte, sondern eher mit den Knochen. Was nicht heißt, dass die Kompositorik von Gallery S nicht intelligent oder abwechslungsreich genug wäre, sondern eher, dass sie beides schafft. The Many Hands of God ist eine Platte, die sowohl als drönige Club-LP funktioniert als auch als gewitze, experimentelle Grenzerfahrung. Das beides zu kombinieren ist schonmal ein ziemliches Kunststück, und wenn es dem ein oder anderen IDM-Snob als Argument dafür dient, dass tanzbare Elektromusik nicht zwangsläufig minderwertig ist, dann ist das umso besser. Ich als Laie finde es am Ende sowieso cooler, wenn man zu Clubmusik auch ordentlich abzappeln kann, und bei Drum & Bass geht das meiner Erfahrung nach noch immer am besten. Was diesen jungen Mann zu einem Quell der Hoffnung für macht, denn er macht nicht nur sehr viel davon, sondern seine Sache auch sehr gut. Auf dieser Basis bin ich mir sicher, dass wir Freunde werden können.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡⚫⚫ 09/11

Persönliche Höhepunkte
Heavens Gate | the Mastermind Effect | the Junglist | Future Parallel | Are You There? | the Meaning | Many Hands | Close

Nicht mein Fall
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