Donnerstag, 25. Februar 2021

Cool for the Summer

Tash Sultana - Terra Firma

TASH SULTANA
Terra Firma
Lonely Lands Records
2021













[ gemütlich | groovy | sommerlich ]

Um ganz ehrlich zu sein: Ich musste im Vorfeld dieser Besprechung tatsächlich noch einmal googeln, warum genau Tash Sultana jetzt eigentlich so berühmt ist. Für diejenigen, die es auch nicht wissen: Mit Jungle hatte sie vor fünf Jahren einen viralen Hit, außerdem ist sie eine dieser Künstler*innen, die in der Zeit danach wohl ziemlich gut auf Festivals ankamen und dadurch in vielen einschlägigen Sommerplaylisten landete. Wobei ich für meinen Teil sagen würde, dass sie diesen Erfolg auch verdient hat oder zumindest, dass ich ihn nachvollziehen kann. Als Virtuosin diverser Instrumente ist die Australierin ohne Zweifel talentiert, hat darüber hinaus eine einnehmende Bühnenpräsenz und macht insgesamt Musik, auf die man sich irgendwie einigen kann. Trotz einer spürbaren technischen Finesse ist sie nie kompliziert oder unzugänglich, ist sowohl gefällig als auch organisch und funktioniert live genauso gut wie allein als Klangtapete im Schlafzimmer. Sicher ist Sultana dabei als boho-hippieske Loop-Künstlerin mit merklichem Straßenmusik-Hintergrund auch irgendwie die Sorte Act, die bei mir immer ein bisschen Fremdscham auslöst, doch macht sie ihren Job am Ende zu gut, als dass ich wirklich ein Problem damit hätte. Und mit Terra Firma legt sie nun auch auf Platte ein weiteres wasserdichtes Zeugnis ihrer Arbeit ab. Schon ihr Debüt Flow State von 2018 habe ich als solide, wenngleich etwas sehr gechillte LP in Erinnerung und auch auf dem Nachfolger geht Sultana diesen Weg konsequent weiter. Selbst wenn das Artwork dazu eher nach Heavy Metal oder Psytrance aussieht. Im Vergleich zum Erstling lehnt sich die Australierin hier ein bisschen stärker in Richtung Neo-Soul und R'n'B und weniger zum psychedelischen Pop, doch ist die Grundlinie auch hier die gleiche: Coole und sommerliche Indiepop-Songs mit minimaler Hörherausforderung, die herrlich in schnufflige Strand- und Cocktail-Playlisten passen. Musik also, die bei mir in wenigen Hinsichten Begeisterungsstürme auslösen wird, gegen die man aber auch wenig einzuwenden hat. Und das gilt für so gut wie alle Aspekte dieser Platte. Das Songwriting hier profitiert auf jeden Fall davon, dass Sultana ihre Instrumente zu spielen versteht, kann aber in gewissen Momenten auch sehr formelhaft und (gerade lyrisch) unspezifisch sein. Klanglich ist das Ding sehr klar und hochauflösend produziert, was einerseits schön die Details herauskehrt, allerdings auch ein bisschen geleckt wirkt. Und im einzelnen hat hier fast jeder Song Elemente, die ich klasse finde als auch welche, die mir suspekt sind. Wobei wenige davon im großen Kontext wirklich auffallen. Kleinere Ausreißer im Gesamtsound ergeben sich hier eigentlich nur dann, wenn Sultana in Dream My Life Away und Willow Tree Gäste einlädt sowie in der etwas deplatzierten Pianoballade Maybe You've Changed. Ansonsten ist dieses Album durchweg so stimmig wie es vorhersehbar ist. Was am Ende eine Sache ist, die für mich doch deutlich in eine positive Richtung tendiert. Sicher, Terra Firma ist absolut kein Meisterwerk und ich kann sogar verstehen, wenn jemand es langweilig fände, doch in meinen Augen ist genau das der Kompetenzbereich von Leuten wie Tash Sultana. Diese Eigenschaften machen die LP zum optimalen Futter für alle möglichen Playlisten, zu einer ziemlich genialen Klangtapete, zur perfekten Study-and-Relax-to-Musik und zum niedrigschwelligen Soundtrack mit verkraftbarer Schlagkraft. Und klar gibt es auch in diesem Bereich Platten, die ich euch eher ans Herz legen würde als diese hier, doch finde ich das hier keinesfalls verkehrt. Möglicherweise werde sogar ich ein oder zwei Songs hier diesen Sommer auflegen, wenn der Heimbalkon wieder als Lockdown-gerechte Badestrand-Alternative herhalten muss. Von Festivals, auf denen man sie live sehen könnte, will ich mal gar nicht anfangen.
 
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡⚫⚫⚫ 08/11
 
Persönliche Höhepunkte
Musk | Greed | Coma | Blame It On Society | Sweet & Dandy | Willow Tree | Let the Light In | I Am Free
 
Nicht mein Fall
-
 

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