Montag, 7. November 2016

Soo! Muss Technik

ULCERATE
Shrines of Paralysis


Relapse / 2016















Das Existieren neuseeländischer Spitzenbands ist immer wieder ein Thema, auf das man aufmerksam machen muss. Vor allem, da es die meisten bereits seit einer halben Ewigkeit gibt. Ulcerate aus Auckland beispielsweise sind seit dem Jahr 2000 aktiv und haben bereits vor geraumer Zeit beim renommierten Label Relapse unterschrieben, dennoch ist ihr mittlerweile fünftes Album Shrines of Paralysis mein Erstkontakt mit ihnen. Und das wurde auch Zeit, denn hätte ich diese Band eher entdeckt, wäre es für mich sicherlich leichter gewesen, ein Death-Metal-Fan zu werden. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Kollegen empfinden es Ulcerate nämlich nicht als Schmach, ihre Platten auch vernünftig zu produzieren und müssen beim Songwriting nicht jedes Mal darauf pochen, möglichst wenig Spielraum für Experimente zu lassen. In gewisser Weise hat ihr Sound sogar durchaus etwas von Progressive Metal, da er des öfteren Mal auf polyrhythmische, dissonante oder avantgardistische Elemente zurückgreift. Womit vor allem dieses Album genau in der Tradition von Longplayern steht, die mich in den letzten Jahren erstmals für Death Metal begeistert haben. Auf Shrines of Paralysis verbindet sich eine ungemeine Brutalität mit einer mindestens gleichberechtigten Kreativität, die sich in jedem Detail dieser Stunde Musik äußert. Dabei spielt vor allem die technische Leistung der einzelnen Mitglieder eine herausragende Rolle. Sänger Paul Kelland besitzt ein unglaublich starkes Organ (womit er eines der wenigen Nicht-Gründungsmitglieder einer Band ist, die besser als ihre Vorgänger klingen), das er hier immer bestmöglich einzusetzen weiß, aber das such nur das große Kronjuwel auf dem gesamten klanglichen Apparat dieser Band ist. Den Hauptakt liefern die beiden Gitarristen, die mit ihren schiefen Rhythmen und abgefahrenen Riffs ganz wesentlich für den Prog-Charakter vieler Songs verantwortlich sind sowie Drummer Jamie Saint Merat, der sich vor allem durch seine atemberaubende Beckenarbeit auszeichnet. Wenn mich eine Gruppe von Akteuren vor so vollende Tatsachen stellt, bin dann auch ich als jemand, der generell wenig auf spielerische Skills gibt, ganz schnell still. Das liegt aber auch daran, dass auf Shrines of Paralysis niemals grundlos gegniedelt wird, jeder nur seinen Stiefel spielt oder mit seinem Können protzt. Alle tollen Elemente wirken hier ständig zusammen und haben als Ziel nichts anderes als großartige Songs. Und die gibt es hier zu Hauf. Angefangen beim progressiven Opener Abrogation über den achtminütigen Metal-Klotz There Are No Saviours und den fast doomigen Titeltrack bishin zum fiesen Closer End the Hope. Zwar fällt dabei der erste Teil der Platte deutlich stärker aus als der zweite und ein Stück wie Bow to Spite hätte eigentlich nicht sein müssen, doch alles in allem kann man hier schon von einem sehr korrekten Death-Metal-Album sprechen. Es hätte nicht viel gefehlt und Ulcerate hätten eine meiner liebsten härteren Scheiben in diesem Jahr machen können. So bleibt das ganze immerhin ein sehr gutes Ergebnis und reiht sich ein in die Serie guter Erfahrungen, die ich mit Death Metal gemacht habe. Und wo das herkommt, ist sicherlich noch mehr. Bestimmt auch in Neuseeland.
9/11

Beste Songs: Abrogation / Yield to Naught / There Are No Saviours / Shrines of Paralysis

Nicht mein Fall: Bow to Spite

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