Dienstag, 15. November 2016

Dark Avengers

CZARFACE
A Fistful of Peril


Silver Age / 2016















Es ist schon über eine Woche her, dass A Fistful of Peril, das dritte Album des BoomBap-Dreigespanns Czarface erschienen ist und dementsprechend kommt diese Besprechung reichlich spät. Aber ich bin ehrlich gesagt froh, dass sie jetzt überhaupt noch stattfindet, denn eigentlich hatte ich ursprünglich gar nicht vor, mich mit dem neuesten Produkt des durchaus namhaften Trios näher zu befassen. Zwar hatte ich bereits vor zwei Jahren im Zuge der zweiten LP Every Hero Needs A Villain von der Truppe Wind bekommen und allein die Namen der beteilgten Künstler Inspektah Deck, 7L und Esoteric ist theoretisch Grund genug, einen ausführlichen Artikel zu schreiben, doch nachdem ich mir damals die Platte angehört hatte, war ich schon ein bisschen enttäuscht. Ich hatte von der Kollaboration eine komödiantisch aufgeladene Räuberpistole im Comic-Stil (siehe Artwork) erwartet, die sich an die Arbeit von Leuten wie Madvillain oder CunninLynguists anlehnt. Im Prinzip war Every Hero Needs A Villain das auch, nur leider mit Abzug der gesamten Kreativität. Selbst wenn das Album zehn Jahre früher erschienen wäre, hätte es wahrscheinlich selbst den realsten Boom-Bap-Fan nicht mehr hinter dem Ofen hervorgeholt. Entsprechend egal war mir deshalb die Ankündigung des dritten Longplayers von Czarface und genau da liegt im Nachhinein mein Fehler. Denn alles, womit mich die drei MCs beim letzten Mal so hängen ließen, ist hier wirklich hervorragend geworden. Wo ich mich vor zwei Jahren duch diese Band in dem Gefühl bestätigt fühlte, dass Golden-Age-HipHop endlich sein letztes Quäntchen Leben ausgehaucht hatte, überzeugen sie mich hier davon, dass das Genre doch noch äußerst lebendig ist. Fistful of Peril hat herrlich trockene Beats, aggressive und rustikale Samples und vor allem von vorn bis hinten großartige Performances aller beteiligten Rapper. Über die komplette Spielzeit geben sich die drei gegenseitig die Klinke mit den abgefahrendsten Punchlines in die Hand (persönlicher Favorit: "No GNR, but I slash you like the lead guitar" in Revenge On Lizard City) und sind dabei alle auf einem wahnsinnig guten Vibe. Man merkt bei ihnen auch wirklich, dass sie alle schon ein paar Jahre mehr im Game sind, weil sie die fettesten Lyric-Batzen, die jüngere MCs gerne groß aufbereiten, mit einer Nonchalance einbauen, die dem Begriff Punchline eigentlich schon gar nicht mehr gerecht wird. Das ganze wäre schon fast perfekt, wenn das Trio ihre einwandfreie Zusammenarbeit nicht hätte um einige vollkommen überflüssige Features ergänzen müssen. Psycho Les macht Dust zum einzig wirklich doofen Song hier und Conway und Blacastan tragen zumindest nicht besonders viel zum Allgemeinwert der Platte bei. Einzig Rast RFCs Strophe in Steranko ist ziemlich genial und überzeugt vor allem durch ihren chilligen Flow. Ein weiterer Kritikpunkt ist für mich die geringe Spiellänge von gerade Mal 35 Minuten. Ein so geiles Konzept wie dieses hätte die Band ruhig über eine Dreiviertelstunde oder mehr ziehen können. Andererseits kann man auch schon sehr froh sein, dass A Fistful of Peril so viel besser geworden ist als sein leidiger Vorgänger und so eine dicke Lanze für den Ruf des klassischen BoomBap bricht. Unter all den guten Golden Age-Platten in diesem Jahr ist diese hier vielleicht so etwas wie die Sahnehaube, die definitiv zeigt, dass die großen der Szene auch 2016 noch da sind und Rückhalt für neues geben. Kann BoomBap wieder stolz auf sich selbst sein. Inspektah Deck, 7L und Esoteric plädieren hier für ein lautes und deutliches Ja.
9/11

Beste Songs: Electric Level 1 / Two in the Chest / Czar Wars / Revenge On Lizard City / Machine, Man & Monster / Sabers / Steranko

Nicht mein Fall: Dust

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