Donnerstag, 17. November 2016

Hör mir auf mit Emo!

YOU BLEW IT!
Abendrot


Big Scary Monsters / 2016















Eigentlich wusste man schob vor vier Jahren, als auf den Bandcamp-Seiten dieser Erde das kleine Emorock-Revival begann, über das seitdem so viel geschrieben wurde, dass selbiges nie mehr werden würde als eine nette Abwechslung zu den wirklich großen popkulturellen Themen, eine Fußnote in der Musikgeschichte des Retro-Kults, etwas, über dass spätestens in ein paar Monaten alle lachen würden und an das noch ein paar Monate später keiner mehr einen Gedanken verschwenden würde. Dass dabei erst 2016 bei den Meisten der Eindruck der Stagnation entsteht und es darüber hinaus ein paar Bands gibt, die wirklich etwas vollbracht haben, ist dann eigentlich schon ein großer Verdienst. Aber man kann es beim besten Willen auch nicht abstreiten: Mittlerweile ist der Zug des Emo-Revivals echt abgefahren. In den letzten zehn Monaten habe ich keinen der Newcomer, mit denen uns Labels wie Topshelf und Big Scary Monsters immer noch jede Woche überschüttet, für interessant befunden und das erste Mal seit 2012 wird es wohl auch keine der veröffentlichten Szene-Platten in meine Top 50 am Jahresende schaffen. Und das ist auch gut so. It's 2016 und so. Allerdings kann ich es auch nicht ignorieren, dass mit You Blew It! eine meiner Lieblimgsbands des Revivals gerade eine neue Platte draußen hat. Abendrot ist je nach Auffassung die zweite oder vierte LP des Quintetts aus Florida und zumindest können sich viele Fans darauf einigen, dass die letzte davon, Keep Doing What You're Doing von 2014, ziemlich genial war. Zweieinhalb Jahre danach sind die fünf noch immer Konsens-Material und haben ihren Sound dem Zeitpunkt gerecht aufgefrischt. Viele der neuen Songs sind sauberer produziert, experimentieren großzügig mit Synthesizern und sind auch von der Komposition her Pop-orientierter, am Ende des Tages aber noch immer so Emo wie schlecht gefärbte schwarze Haare und T-Shirt-mit-Schlips-Kombinationen. Und als ich im Vorfeld Songs wie Greenwood oder den wirklich fantastischen Opener Epaulette hörte, war ich ehrlich gesagt ziemlich zuversichtlich, dass You Blew It! hier noch mal richtig reinhauen würden und vielleicht wenigstens noch einen richtigen Paukenschlag fabrizieren würden, bevor endgültig alles vorbei ist. Und vielleicht hätten es die fünf auch hinbekommen, wenn sie nicht selbst viel zu resigniert dafür wäre, nach vorne zu schauen. Denn obwohl man auf Abendrot einige ihrer besten Tracks und eine wesentlich bessere Sensibilisierung für Sound hört, ist zu viel hier zu sehr so wie alles andere, was man in den letzten vier Jahren schon so oft gehört hat. Natürlich gibt es hier das total originalgetreue American-Football-Gefühl von 1999 und natürlich sind die Texte hier Herzschmerz Deluxe. Allerdings kann man dafür auch so viele andere Künstler anhören, die das genau so machen wie sie hier. Ich hatte mir von Abendrot erhofft, dass es vielleicht mal so etwas wie ein You Blew It!-Gefühl gibt, aber anscheinend ist das zuviel verlangt. Und weil die meisten Leute immer so gedacht haben wie diese Band, gibt es 2016 wahrscheinlich auch keinen interessanten Emorock mehr. Beziehungsweise fast: Denn nichts ist verloren, solange es noch This World is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid to Die gibt. Die haben das mit dem eigenen Gefühl scheinbar als einzige kapiert.
7/11

Beste Songs: Epaulette / Like Myself / Greenwood / Forecasting / Minorwye / Basin & Range

Nicht mein Fall: Autotheology / Hue

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen