Mittwoch, 16. November 2016

Smooth Djent

ANIMALS AS LEADERS
the Madness of Many


Sumerian Records / 2016















Progressive Metal und Djent sind in meinen Artikeln von jeher eine ziemlich komplizierte Sache, da zwar die meisten meiner Leser in dieser Hinsicht einen großen Enthusiasmus pflegen, doch ich im Regelfall eher nicht. Jedes Mal, wenn eine neue Platte von Periphery, Gojira oder Between the Buried and Me erscheint, sehe ich mich irgendwie in der Pflicht, darüber zu berichten, doch tatsächlich begeistern kann ich mich dafür dann doch eher selten. Eine willkommene Ausnahme sind da seit einer Weile Animals As Leaders aus Washington D.C., über die ich mit meinem Publikum einen der wenigen Konsenspunkte in diesem Bereich finde. Ihr letztes Album the Joy of Motion versah ich vor gut zwei Jahren mit dicken zehn Punkten und es wurde eines meiner Lieblingsalben jenes Jahres. Es zeigte mir Progressive Metal nicht nur als sehr komplexes und hochtechnisches Genre, sondern auch als eines, das harmonisch, groovig und dabei ziemlich spaßig sein konnte. Tosin Abasi und seine Gespielen hatten das Feeling in mir geweckt und ich hoffte, dass sich bald noch ein paar weitere Bands anfinden würden, deren Stil ich mehr genießen würde. Leider ist das bis jetzt nicht so wirklich passiert, eher haben mir viele Platten der Folgejahre gezeigt, wie furchtbar diese Musik immer wieder sein kann. Doch wenn mich das einschüchtern würde, könnte ich mit dem bloggen ja auch gleich aufhören und wenn es etwas gibt, das mich aus meiner Stagnation rausholt, dann doch ganz bestimmt ein neues Album von Animals As Leaders, oder? Jein. Im Prinzip ist mit the Madness of Many schon der Fall, wenn auch nicht so, wie ich gedacht hatte. Zwar lässt sich die Band hier noch immer nicht unter den großen Haufen der typischen Djent-Mucker und polyrythmischen Riff-Reiter schieben und macht ihre Musik noch immer um einiges intelligenter als viele von denen, doch die Schlagkraft des Vorgängers haben die meisten Tracks hier eherlich gesagt nicht. Die saftigen, fetten Grooves von the Joy of Motion haben Animals As Leaders für die neue LP ziemlich dezimiert und verfolgen dafür jetzt einen wesentlich softeren, jazzigen Ansatz. Der ist per se nicht weniger kreativ und hat definitiv seine Momente, doch den fast durchgängigen, peitschenden Flow, den die letzte LP hatte, kann er eben nicht ersetzen. Überhaupt ist es verkehrt, the Madness of Many noch als Metal-Album zu labeln, spätestens jetzt sind die vier Musiker aus dieser Nummer raus. Was man hier hört, ist nicht weniger als moderner Progrock, der nach den immer leichtfüßiger werdenden letzten Scheiben nur konsequent ist. Und wenn man das hier als das sieht, was es tatsächlich ist, nämlich als eine Zäsur, dann kann man seinen Frieden damit finden. Ja gut, es fehlt eindeutig der Punch von bisher, doch dafür treten nun all die kleinen filigranen Kniffe, die Animals As Leaders schon seit Jahren draufhaben, auch mal zutage. Dinge wie das Keyboard-Solo in Backpfeifengesicht (super Titel, oder?), das subtile Piano in Private Visions of the World oder die seichte Rhythmusgitarre in Transcentience sind nur einige, besonders auffällige Beispiele dafür. Der chillige Vibe ist dabei gewöhnungsbedürftig, aber keinesfalls schlecht. Am Ende sind Animals As Leaders hier noch immer die vielleicht talentierteste Band, die sich im Bereich des nichtmetallischen, technisch versierten Progrock gerade bewegt (Meshuggah zählen übrigens nicht, die sind eh unantastbar). Und wenn es Songs wie den katastrophalen Opener Arithmophobia nicht gäbe, dann wäre the Madness of Many auch mindestens genauso überzeugend wie seine Vorgänger. So ist es eine erfrischende neue Richtung für die Band und ein weiteres überzeugendes Moment in der Welt der 9/8-Takte und achtsaitigen Bässe. Die ich trotzdem so bald erstmal nicht wieder betreten muss.
8/11

Beste Songs: Ectogenesis / Inner Assassins / Private Visions of the World / Backpfeifengesicht / Transcentience / the Brain Dance

Nicht mein Fall: Arithmophobia

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