Donnerstag, 10. November 2016

Shape Shift With Me

HOPE SANDOVAL & THE WARM INTENTIONS
Until the Hunter

Tendril Tales / 2016













Dass es 2016 mal wieder Zeit für ein neues Album von Hope Sandoval ist, ist nichts anderes als die Konsequenz der Dinge. Schon das ganze Jahr über spukt die Sängerin und Songwriterin der Band Mazzy Star durch die Musiklandschaft und verbreitet dort einen großartigen Track nach dem anderen. Zusammen mit Massive Attack etwa spielte sie die im Juni veröffentlichte Single the Spoils ein, die für mich zu den besten Einzelstücken in dieser Saison zählt und auch an deren letzter EP Ritual Spirit wirkte sie maßgeblich mit. Für mich ist sie damit schon eine der Lieblingsstimmen der letzten Monate geworden und natürlich war ich auch auf ihre neue Bandplatte sehr gespannt. Zwar ist es der erste Longplayer der Warm Intentions, der meine Aufmerksamkeit bisher wirklich weckte, der letzte erschien aber auch schon vor sieben Jahren. In der zwischenzeit neigte ich mitunter dazu, Sandoval als die textlich bessere Alternative zu Lana del Rey zu bezeichnen (wo es sich eigentlich eher so verhält, dass Lana del Rey ein ziemlich mieser Abklatsch von Sandoval ist), doch Until the Hunter zeigt nun, dass sie so viel mehr sein kann. Die Platte ist gleichermaßen ein sehr unterhaltsames Genre-Hopping-Event, eine Goldgrube für fantastische Vocals und ein im besten Sinne klassisches Indie-Album. Die elf zwischen Electronica, Indiepop und Americana gelagerten Tracks sind allesamt sehr hübsch geschrieben und ausgeführt und setzen dem ergreifenden Pathos ihrer Massive Attack-Collabs eine nicht zu verachtende Coolness entgegen, die es nach so etwas auch erstmal braucht. Wenn Kurt Vile in Let Me Get There einen äußerst gelungenen Gastauftritt abgibt, klingen die beiden schon mal wie der feuchte Traum eines Noughties-Hipsters und jeder Indie-Filmregisseur hätte sich noch vor wenigen Jahren um einen solchen Soundtrack geprügelt. Dann gibt es aber auch wieder Stücke wie den Opener Into the Trees, ein über neun Minuten langes Elektro-Monster mit fast ambienten Charakter, das die experimentelle Seite der Hope Sandoval aufzeigt. Und obwohl ich es ein wenig schade finde, dass sich diese Platte an keiner Stelle Mühe gibt, diese Ästhetiken miteinander zu verbinden, gibt es mit dem breitbeinig-rockigen Closer Liquid Lady hier dennoch lediglich einen Song, der nicht genial ist. Man merkt hier ein weiteres Mal, welche ungemeine kompositorische Feinfühligkeit diese Frau mitbringt und ganz nebenbei können sich sämtliche modernen Indie-Darlings eine gesangliche Scheibe von ihr abschneiden. Wenn ihr Bandprojekt bisher nur eine Randnotiz neben Mazzy Star war, so ist zumindest für mich mit Until the Hunter klar, dass ich es hier mit einer unglaublich talentierten Songwriterin zu tun habe, die so viel mehr ist als das, wofür sie gesehen wird. Am Ende bleibt the Spoils dann aber trotzdem der beste Song, den sie dieses Jahr gemacht hat. Da muss ich leider konsequent sein.
9/11

Beste Songs: Into the Trees / A Wonderful Seed / Let Me Get There / Day Disguise / the Hiking Song / Isn't It True / I Took A Slip

Nicht mein Fall: Liquid Lady

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