Donnerstag, 8. Oktober 2015

Willkommen in der Schablone

LOMA PRIETA
Self Portrait

Deathwish Inc.
2015
















Wer 2012 mit dem Namen Loma Prieta vertraut war, der kannte die Mitglieder der Band entweder persönlich oder war einer der coolsten Musikhörer zu dieser Zeit. Mit ihrem Debüt IV hatte die Formation aus San Fransisco damals die Insider auf ihrer Seite, die sie als große Hardcore-Hoffnung an die ahnungslosen Zweitverwerter weiter gaben, die dafür sorgten, dass spätestens Anfang 2013 jeder von Loma Prieta wusste. Zwei Jahre später sieht die Lage so aus, dass das Trio beim coolsten Label für Hardcore und Metal unter Vertrag steht, aber seit besagtem Erstlingswerk so gut wie keinen Finger gerührt hat. Als im Sommer diesen Jahres endlich Self Portrait angekündigt wurde, stand die internationale Presse sofort Schlange und katapultierte die bescheidenen Indiekids in den siebten Himmel der Blogosphere. Nun ist die Platte da und die Ernüchterung wird nicht lange auf sich warten lassen. Denn aus der großen Hoffnung der vergangenen Saison ist hier eine Band geworden, die nur noch in einer popkulturellen Schablone arbeitet. Ihren vorwärtsgewandten Hardcore vom Debüt haben die Kalifornier gegen euphorischen LoFi-Indiepop mit Screamo-Texten ausgetauscht, was jetzt mal schonend formuliert nicht unbedingt total originell ist. Das Rezept der zehn Songs hier kennen wir zur Genüge bereits aus der letzten Welle des Posthardcore, die ja nun wirklich ein klein wenig überholt ist. Das wäre überhaupt nicht schlimm, wenn diese Platte wenigstens irgendwie abwechslungsreich oder kreativ wäre, aber mehr als halbgare Klang-Kopien werden hier nicht zustande gebracht. Noch dazu da Loma Prieta diesen Sound nicht dazu nutzen, Kontraste herauszuarbeiten, sondern hier lediglich verwaschenen Traumzauber-Core fabrizieren, der mindestens so 2011 ist wie die Credibility von Lana del Rey. Es gibt Momente wie in Nostalgia oder More Perfect, in denen sich die Band auch mal von ihrer wirklich brachialen Seite zeigt und die richtig klasse sind. Allerdings hatten wir von ihnen auch schon mal ein ganzes Album, das so klang. Hinzu kommt hier mittelmäßige Produktion und die nach drei Jahren viel zu kurze Laufzeit von 30 Minuten, die Self Portrait in meinen Augen komplett wertlos machen. Wenn Loma Prieta hier etwas geleistet haben, dann die erneute Hervorhebung ihres Debüts, das wirklich um so vieles besser war als dieser Haufen weichgespülter Posthardcore-Songs. Als selbsternanntes Meinungsmedium kann ich euch nur eins raten: Wenn ihr euch mit dieser Band befassen wollt, tut dies bitte nicht in Form dieses Albums, sondern seines Vorgängers. Denn das hier bringt nichts. Genug gesagt.
4/11

Beste Songs: More Perfect / Nostalgia

Nicht mein Fall: Love

Weiterlesen:
Review zu IV (Loma Prieta):
zum Review

Das Wort zum Sonntag über the Wave:
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