Sonntag, 11. Oktober 2015

N.Ö.W.

WANDA
Bussi
Vertigo
2015

















Die Musiklandschaft Österreichs war lange nicht mehr so aktiv wie in den letzen paar Jahren. Nach Katastrophen wie Money Boy, die unser verehrtes Nachbarland bei uns künstlerisch ziemlich in Verruf brachten, muss die deutsche Pop-Industrie seit einiger Zeit befürchten, von den vielen coolen Ösi-Bands über den Haufen gefahren zu werden. Gerade der Wiener Untergrund boomt und besinnt sich zusätzlich wieder auf die eigene Identität. Nach Falco klingen ist wieder hip, mit Dialekt singen ist wieder hip und ein bisschen royale Arroganz macht die richtige Würze aus. Nachdem Ende letzten Jahres vor allem Bilderbuch mit diesem Rezept für Aufmerksamkeit sorgten, heißt die Band der Stunde seit einigen Monaten Wanda. Mit ihrem Debüt Amore hatten die bereits 2014 die Ohren der Kritik für ihren eigenartigen Sound geöffnet und mit Bussi dürfte jetzt ihr Opus Magnum in den Regalen stehen. Denn so wie die Journalisten sich auf diese Platte stürzen, konnte auch ich die Wiener nicht länger ignorieren. Und eines muss man ihnen lassen: Mutig sind sie. Die zwölf Tracks hier schämen sich nicht, plakativ den schlonzig-pathetischen Westernhagen-Sound in ein Sven-Regener-Korsett zu packen und diesen dann auch noch im dicken Hauptstadt-Schmäh zu präsentieren. Jedermanns Sache ist das nicht. Vor allem die liebe Indiepolizei wird mit dem großzügig aufgetragenen Kneipenrock von Wanda so ihre Probleme haben, doch gerade sie sollten sich vor so etwas nicht verschließen. Denn Bussi hat eigentlich alles, was ein gutes Album braucht: Catchy Songwriting, kreative Instrumentation, intelligente Texte und vor allem: Es sucht die Herausforderung. Zu singen wie Marco Michael Wanda ist so ziemlich dasselbe, wie polyrhythmische Schlagzeug-Beats zu schreiben. Wer mit sowas erfolgreich sein will, der muss es gut verpacken. Und bei diesen Jungs funktioniert es auch nur, weil ihre Musik ansonsten überhaupt kein bisschen provinziell wirkt. Und weil man hinter all dem amerikanischen Stadion-Pomp trotzdem noch erkennt, dass man es hier nicht mit einer Stadion-Band zu tun hat. Das Ergebnis des ganzen ist, dass Wanda tatsächlich ein musikalisches Phänomen sind. Seit bestimmt zwanzig Jahren hat niemand sich getraut, eine Platte wie Bussi zu machen. Nur deshalb ist eben diese Platte jetzt so eine große Sache. Und es ist genau das, was dem deutschsprachigen Pop gerade gefehlt hat. Diese Souveränität, dieser Mut, dieser Druck von innen. Wenn es um sowas geht, sollte man vielleicht öfter mal an die Österreicher halten. Für den Moment kann man zumindest nicht genug von ihnen bekommen.
9/11

Beste Songs: Gib mir alles / Nimm sie wenn du's brauchst / Mona Lisa aus der Lobau / Sterne

Nicht mein Fall: Das wär schön

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