Montag, 20. Juni 2022

Für das Beste im Metal

Kreator - Hate über Alles
KREATOR
Hate Über Alles
Nuclear Blast
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ politisch | angepisst | traditionell ]

Ich empfinde es grundsätzlich schon erstmal als eine ganz tolle Sache, dass Kreator schon so lange eine Band sind, die mit deutlichen politischen Botschaften in Erscheinung tritt, die ich auch allesamt als unterstützenswert empfinde und die in der Metalszene ihrer Generation leider nach wie vor Seltenheitswert haben. So richteten sich bereits Anfang der Zwotausender gleich mehrere Songs auf ihrem Album Enemy of God gegen den Krieg der USA im Irak und als eine der wenigen wirklich international bekannten Bands im Kosmos des Thrash Metal beziehen die Essener auch auf sehr klare Weise Opposition gegenüber Rechtsextremismus und Homophobie, die in ihrer Szene ja leider nach wie vor an der Tagesordung sind. Doch auch wenn Botschaften wie diese in ihrer Musik immer eher markante Schlaglichter waren und trotz aller Wichtigkeit eher die Ausnahmen bildeten, haben sie den Charakter der Band für mich nachhaltig geprägt. Was es auch nicht verwunderlich macht, dass in den Ausläufern einer globalen Pandemie, den damit einhergehenden gesellschaftlichen Reibungen und natürlich diverser anderer Krisen ein weiteres Album von ihnen erscheint, dass diese zumindest auf gewisse Weise anspricht. Und mit einem Titel wie Hate Über Alles, der gleich von vornherein eine ganze Menge suggeriert, wollen Kreator sicherlich auch, dass man das merkt. Zwar nicht in der Form, dass das Ergebnis hier am Ende ein komplett durchgestyltes Konzeptalbum mit ausschließlich politischen Inhalten ist, doch sind es wiederum die Songs mit entsprechenden Themen, die hier ganz deutlich hervorstechen. Der Titelsong als bombastischer Opener, der vor allem die Verbreitung von Verschwörungstheorien und Hassbotschaften im Internet anspricht, Dying Planet am anderen Ende der LP mit seiner apokalytischen Aufarbeitung des Klimawandels und tendenziell auch ein Song wie Killer of Jesus, dessen Haltung gegen Antisemitismus ich zwar nur sehr lose hereininterpretieren kann, die ich aber auch für nicht unwahrscheinlich halte. Und wo ich dabei im Vorfeld durchaus ein bisschen Angst hatte, dass Hate Über Alles unter diesem ganzen inhaltlichen Gewicht womöglich leiden könnte und dieses zu Lasten des Songwritings ginge, kann ich an diesem Punkt sagen, dass diese Sorgen größtenteils unberechtigt waren. Denn was die Essener hier an musikalischer Ausgestaltung und herrlicher Thrash-Folklore auftafeln, lässt definitiv wenige Wünsche offen. Sollte man sich dazu entscheiden, die Politik gewisser Songs lieber ausblenden zu wollen und sich stattdessen komplett auf die Musik konzentrieren, ist das in so gut wie jedem der elf Tracks ohne weiteres möglich und mit Sachen wie den fantastisch gemachten Gang-Shouts in Killer of Jesus, dem gigantischen Basssolo in Crush the Tyrants oder Mille Petrozzas völlig wilden Staccato-Vocals im Titelsong gibt es technisch auf jeden Fall einiges zu bestaunen. Und auch wenn ich persönlich finde, dass die Platte in den wenigsten Momenten so stark ist wie der Vorgänger Gods of Violence von 2017 und der etwas lahme Midsommar-Titeltrack Midnight Sun hier nicht nochmal hätte drauf sein müssen, gibt es doch kaum effektive Ausfälle. Vor allem muss ich an dieser Stelle aber nochmal die ziemlich fette Produktion hervorheben, bei der sich die Band mit Arthur Rizk (hat unter anderem schon Sachen für Code Orange und Soulfly gemacht) einen Topmann ins Studio holt, der ihre druckvolle und grantige Ästhetik klanglich großartig vermählt. Weshalb ich angesichts des Maßstabes, den Kreator mit diesem Album mal wieder für ihr Quasi-Spätwerk setzen, nur meine Aussagen vom letzten Mal wiederholen kann: Dass eine Thrash Metal-Band aus den Achtzigern, die von der Sache her ziemlich nah an der traditionellen Ästhetik der Szene geblieben ist, 2022 nach wie vor so gute Musik macht, ist alles andere als selbstverständlich und dass sie es tun, flößt mir mit jedem gut gemachten Longplayer von ihnen mehr Respekt ein. Auf ihre alten Tage könnten die Essener also gerade nochmal in einer ihrer stärksten Karrierephasen sein. Zumindest wenn man das bei einem Album alle fünf Jahre so nennen möchte.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11

Persönliche Höhepunkte
Hate Über Alles | Killer of Jesus | Crush the Tyrants | Conquer & Destroy | Demonic Future | Dying Planet

Nicht mein Fall
Midnight Sun


Hat was von
Slayer
Reign in Blood

Iron Maiden
Somewhere in Time


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