LOGIC
Vinyl Days
Def Jam
2022
[ oldschoolig | sampleverliebt | locker ]
Nachdem ich die letzten drei Jahre ja anscheinend nur damit beschäftigt war, mich über den jüngeren Output von Logic aufzuregen, war ich diesmal eigentlich an dem Punkt, an dem ich ausführliche Besprechungen wie diese nicht mehr machen wollte. Statt zum inzwischen dritten Mal wieder das gleiche über ein enttäuschendes und selbstgefälliges Album des Kaliforniers zu schreiben, das ich inhaltlich wie musikalisch verachtete, war ich diesmal bereit dafür, diese Art von Rant des guten Willens wegen auf ein Minimum zu beschränken und meine Zeit stattdessen vielleicht mit einer Platte zuzubringen, die ich tatsächlich gut finde. Das Ding ist nur: Genau das ist Vinyl Days. Eine gute Platte. Wahrscheinlich sogar eine der besten, die ich von diesem Typen je gehört habe und definitiv die stärkste seit ungefähr the Incredible True Story von 2015. Und obwohl mich das im Zuge der ganzen Vorgeschichte, die ich inzwischen mit Logic habe, gerade auch ein bisschen abfuckt, ist es letztendlich natürlich vor allem eine Sache, die mir Freude bereitet. Vor allem deshalb, weil es anscheinend endlich mal wieder eine LP des Kaliforniers ist, auf der dieser sich selbst nicht so ernst nimmt und wirklich auch mal ein bisschen locker ist. Wobei vieles hier auch damit zu tun hat, dass er auf diesem Album ganz klar weniger Rapper ist als Produzent und in den Mittelpunkt der Platte - wie der Name schon sagt - seine Leidenschaft für oldschooliges Loopdigging und neunzigerige Jazz- und Soulsamples stellt. Eine Sache, die man nicht nur in den eigentlichen Instrumentals vieler Tracks merkt, sondern auch in der beattapigen Struktur des Projekts, das größtenteils ein- bis zweiminütige Songvignetten aneinanderreiht und nur noch in den wirklich zentralen Stücken Platz für ausführliche Rapstrophen hat. In denen reflektiert Logic dann vor allem über seine Zeit bei Def Jam, für die Vinyl Days voraussichtlich seine letzte sein wird (der Closer Sayonara gibt sogar ausführliche Shoutouts an einzelne Angestellte des Labels, was auf weirde Weise echt sympathisch ist), schwärmt in Quasi und Porta One von seiner Leidenschaft für klassischen Boom Bap, faselt über die Kohle, die er mit Kryptowährungen macht (einzige größere inhaltliche Red Flag auf dieser LP) und erzählt immer wieder über wichtige Freund- und Partnerschaften seiner bisherigen Karriere, denen er auf diesem Album auch in anderer Form nochmal besonderen Platz einräumt. So gibt es über die gesamte Spielzeit verteilt immer wieder kleine Snippets von Sprachmemos berühmter und weniger berühmter Kumpels von Logic (unter anderem Morgan Freeman, Baseballspieler Aaron Judge, Schauspieler Tony Revolori, Nardwuar oder der Musikjournalist Anthony Fantano), die als meistens ziemlich unlustige Cameos für mich zwar den qualitativ schwierigsten Teil der LP darstellen, auf ihre Weise aber auch einfach nett gemeint sind. Und wenn es um die Leute geht, die hier als musikalische Gäste einlädt, beweist er tatsächlich ein überaus gutes Händchen dabei, selbst chronisch unstete Zeitgenossen wie Wiz Khalifa, Action Bronson oder Royce Da 5'9" geschickt einzubinden und ihnen gute Parts abzuringen. Vor allem mag ich an Vinyl Days aber, wie sehr es durch die vielen Fremdeinflüsse klingt wie eine ziemlich bunt gemischte Party illustrer Persönlichkeiten, bei der Logic selbst lediglich sowas wie der Gastgeber ist und an den Turntables für gute Stimmung sorgt. Und dass er dabei weniger Platz beansprucht, um über sich selbst und seine intellektuelle Überlegenheit zu lamentieren, tut der Musik in meinen Augen ebenfalls gut. Zwar bin ich mir auch sicher, dass es nach diesem Album nicht lange dauern wird, bis Logic wieder irgendeinen riesengroßen Mumpitz anzetteln wird, über den ich mich tierisch aufregen werde, ist das doch wieder Mal einer der seltenen lichten Momente, die ihm ja auch alle paar Jubilare noch passieren. Und diesen wollte ich dann doch lieber nochmal in aller Ausführlichkeit hervorheben.
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡⚫⚫⚫⚫ 07/11
Persönliche Höhepunkte
Tetris | Bleed It | Rogue One | Breath Control | Kickstyle | Ten Years | Porta One | NeedleDrop | Orville | Carnival | Vinyl Days | I Guess I Love It | Sayonara
Nicht mein Fall
Danger | JJ Abrahams | Aaron Judge | Michael Rap | EarlyBird | Lena's Insight
Hat was von
Action Bronson
Mr Wonderful
Wu-Tang Clan
A Better Tomorrow