Freitag, 7. Mai 2021

Über kurz oder lang

파란노을 [Parannoul] - To See the Next Part of the Dream
파란노을
To See the Next Part of the Dream
Die-Ai-Wei
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ verträumt | euphorisch | rauh | adoleszent ]
 
Oft, wenn es in diesen Tagen Acts wie 파란노을 (phonetisch Parannoul) gibt, die scheinbar aus dem Nichts die Nerd-Spalten des Internets im Sturm erobern, fällt es mit einigermaßen schwer zu verstehen, wieso genau jetzt ausgerechnet die es sind, die die ganze Aufmerksamkeit abkriegen. Selten gibt es in solchen bubbligen Hype-Phasen Sachen wie DJ Sabrina, die Beta Boys oder Black Country, New Road, die in meinen Augen wirklich etwas besonderes sind. Meistens sind es doch eher die üblichen generischen Allerwelts-Acts, die ein paar Nerds mal fünf Minuten cool finden, bevor sie zur nächsten Attraktion weiterziehen. Bei der vorliegenden Gruppe bin ich allerdings dafür, erstmal das beste zu hoffen und kann verstehen, warum sie gerade so gefeiert werden. Zuerst mal kann ich hier von vornherein den Appeal dieser Band mit ihrem grantigen, adoleszent-verträumten Post-Emo-Shoegaze nachvollziehen und bin definitiv der Meinung, dass wir es hier mit talentierten Musiker*innen zu tu haben. Auch wenn ich ehrlich gesagt nicht weiß, wie viel Wachstum ich darin insgesamt sehe. Denn zur Genüge optimiert hat die Formation aus Korea ihre Ästhetik hier eigentlich schon, beziehungsweise könnte noch mehr davon ihnen eher schaden als nützen. Aber fangen erstmal mit den vielen Dingen an, die ich an To See the Next Part of the Dream so toll finde. Wobei da ist zuallererst mal Klang uns Stilistik dieser LP zu nennen sind. Anzuordnen sind die zehn Tracks hier irgendwo zwischen dem blumigeren Midwest-Emo der späten Neunziger, dem direkt gespielten Post- und Mathrock von Gruppen wie Toe oder the World is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid to Die und einer ordentlichen Portion Shoegaze-Pop, wobei die Koreaner hier auch nicht eben filigran vorgehen. Die Produktion hier ist sehr DIY-mäßig und klobig, was sicherlich weniger ästhetisches Mittel als mangelde Professionalität ist, irgendwie aber auch sehr gut zum Sound von Parannoul passt und ihn auf seltsame Weise rund macht. Obwohl es hier durchaus einige stille und meditative Momente gibt, pendelt To See the Next Part of the Dream meistens doch irgendwo zwischen flächiger Euphorie und rotziger Ballerei, was einen sehr eigenen, aufregend-jugendlichen Spirit ausmacht. Die meisten Stücke hier sind relativ lang und bauen sich in oftmals über fünf Minuten zu beeindruckenden Größen auf, nutzen dabei aber eher selten das postrockige Crescendo-Prinzip, sondern sind schon von Anfang an ganz schön energisch und laut. Immer wieder bin ich dabei beeindruckt von den Songanfängen, die oft ein melancholisches Intro antäuschen, anschließend aber direkt in einen epochalen Hauptteil springen, der nicht selten durch fantastische Harmonien beeindruckt. Motorpsycho hatten in den Neunzigern mal einen Song namens Kill Some Day, der so ähnlich klang, und das hier ist quasi wie zehn Stück davon. Wobei man auch definitiv sagen muss, dass die 61 Minuten dieser Platte ein bisschen sehr großzügig bemessen sind für einen so intensiven Sound, gerade auch weil die letzte Viertelstunde davon nicht mehr ganz so schiebt wie der Rest. Und hier kommen wir zu den potenziellen Problemen, die Parannoul in meinen Augen noch haben. Denn obwohl ich To See the Next Part of the Dream für ein wahnsinnig tolles Album halte und der Band ihren Erfolgsboost der letzten Monate ernsthaft gönne, sehe ich doch keine besonders große Zukunft in ihnen. Denn was gerade diese LP so cool macht, ist irgendwie ihr rustikaler DIY-Charakter und ihre Naivität, die auf einem Nachfolger entweder nur nachgeahmt werden könnte oder alternativ komplett verloren geht. Und weil ich jemand bin, dem solche Sachen wichtig sind, sehe ich Parannoul hier in einer paradoxen Sackgasse, die ziemlich verzwickt ist. Eine, in der ein geniales Album, das sie als große Newcomer-Hoffnung auf die Karte setzt, gleichzeitig das Album ist, das ihnen den Weg zu einer ernstzunehmenden Karriere versperren können. So zumindest meine Prognose an dieser Stelle. Wahrscheilich kommt ja eh wieder alles ganz anders.
 
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡⚫⚫ 09/11
 
Persönliche Höhepunkte
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Nicht mein Fall
-
 
 
Hat was von
Motorpsycho
Timothy's Monster
 
the World is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid to Die
Harmlessness

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