Build A Problem
doddleoddle
2021
[ sanft | indiepoppig | introvertiert ]
Einige nennen die Dorothy Miranda Clark aka Dodie zurzeit einen "Internet-Star" und ich weiß ehrlich gesagt nicht so recht, ob das nun Quatsch ist oder stimmt. Ich persönlich kenne ihre Musik, weil sie mir vor etwa zwei Jahren von einer Freundin empfohlen wurde und ich sie mochte, mehr als ein oder zwei Songs habe ich von ihr aber bis jetzt noch nicht gehört. Was auch gar nicht so schlimm ist, denn mit drei EPs aus den letzten fünf Jahren ist ihr Katalog bis hierhin noch echt überschaubar. Man kann aber definitiv behaupten, dass sie in Anbetracht dieses kleinen Outputs schon ordentlich Wellen gemacht hat. Ihr Youtube-Kanal doddeoddle, auf dem sie seit etwa zehn Jahren Musik veröffentlicht, hat aktuell knapp zwei Millionen Abonnent*innen und besonders ihre Features auf den Platten von Plattform-Kollege Jacob Collier dürften in der jüngeren Vergangenheit nochmal für ordentlich Buzz gesorgt haben. Ein guter Rückhalt von Fans und Kolleg*innen im Business ist zum jetzigen Zeitpunkt, da sie ihr erstes richtiges Album veröffentlicht, also auf jeden Fall da. Wobei ich es in erster Linie total cool finde, dass dieses bis jetzt eben nicht in Form eines großen Labels existiert und Dodie sich traut, den ersten großen Schritt ihrer Karriere alleine zu gehen. Zumal der vorliegende Erstling auch klanglich nicht vor einer gewissen Größe zurückschreckt. Sicher, Build A Problem ist von Grundsatz her ein stilles und sanftmütiges Indiefolk-Album mit eher minimalistischem Flair, gönnt sich aber nichtsdestotrotz ziemlich pompöse Instrumentalarrangements und eine Produktion auf Rockstar-Level. Nicht nur klanglich erinnert mich dabei vieles an die Art von Musik, die Bon Iver vor ungefähr zehn Jahren machte und die auch keine Grenze zwischen minimalistischer Komposition und dick aufgetragenem Sound zog. Vor allem in Sachen Produktion hat Build A Problem auch viel von Billie Eilishs Debüt von vor zwei Jahren, das auf ähnliche Weise monumentale Songideen mit einer Ästhetik wälzte, die eigentlich sehr still und fast ASMR-mäßig war. Und für mich persönlich sind diese technischen Faktoren definitiv das spannendste an dieser LP, weil sie echt fantastisch gemacht sind. Besonders im zweiten Teil des Albums in Tracks wie Sorry, When, Rainbow oder den genialen Interludes ? und . . Kompositorisch ist die Platte natürlich auch nicht von schlechten Eltern, aber in meinen Augen nicht unbedingt in dem Maße bemerkenswert, wie es ihr Sound ist. Spannend finde ich, wie Dodies Tracks gleichzeitig sehr nach den ausgehenden Zwotausendern und einem sehr aktuellen Schlafzimmerpop-Indie-Verständnis klingen, wobei es in erster Linie cool ist, dass wenigstens ein Indiefolk-Album in 2021 keine totale Big Thief-Kopie sein muss. Textlich gesehen werden hier spannende Dinge über Unsicherheit, Angst, verzerrte Selbstbilder und Beziehungen verhandelt, die mich aber irgendwie nicht so mitreißen, wie sie eventuell sollten. Vielleicht liegt es daran, dass Dodie diese inneren Monologe doch sehr kryptisiert darbietet, vielleicht aber auch daran, dass solche Lyrics gerade von sehr vielen geschrieben werden. Schlecht ist das ganze dabei auf keinen Fall, nur kommt von der schwergewichtigen Emotionalität, um die dieses Album keinen Hehl macht, bei mir nur ein Bruchteil an. Nachteilig wirkt sich das am Ende aber nicht auf den tollen Eindruck aus, den ich von Build A Problem habe. Ich mag diese Platte total, nur wahrscheinlich aus anderen Gründen als der Rest der Welt. Ich vermute jetzt einfach mal, dass viele Fans von Dodie das hier als verletzlich-intime Inhaltsmusik feiern werden, ich für meinen Teil bin eher begeistert von den technischen Details, den Arrangements und der Produktion. Am Ende des Tages wiegen sich beide aber zu etwas auf, das als Gesamtergebnis super ist und allen Hype bestätigt, den diese Künstlerin ja anscheinend abbekommen hat. Im Sinne eines gelungenen Debüts auf jeden Fall ein exzellentes Statement und etwas, das Hoffnung macht.
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡⚫⚫ 09/11
Persönliche Höhepunkte
Air So Sweet | Cool Girl | Rainbow | ? | . | Sorry | When
Nicht mein Fall
-
Hat was von
Bon Iver
Bon Iver, Bon Iver
Billie Eilish
When We All Fall Asleep, Where Do We Go?
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