Donnerstag, 13. Mai 2021

Alles auf grün

Squid - Bright Green FieldSQUID
Bright Green Field
Warp Records
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ energisch | freaky | vielschichtig ] 

Wenn man dieser Tage den ersten Blick auf Bright Green Field, das Debütalbum der aufstrebenden Brightoner Gruppe Squid wirft, dann mögen sie zunächst sehr als dem Teil eines größeren musikalischen Phänomens erscheinen, das seit etwa zwei Jahren in der Rock-Abteilung des Nerd-Internets sein Unwesen treibt. Denn als Band aus dem Süden Englands, die eine recht kunstige und abstruse Form von Post-Schrägstrich-Artpunk spielt, welche auch durch Sachen wie gesprochene Textpassagen, eine liebe zu komplexen Songstrunkturen und kegelnde Grooves auffällt, gibt es bei ihnen durchaus Parallelen zu Acts wie Black Midi oder Black Country, New Road aus der Londoner Windmill-Bubble, die jüngst ebenfalls sehr umjubelt wurden. Nimmt man dazu, dass Squid meist von der gleichen Zielgruppe abgefeiert werden und vor wenigen Jahren ihren ersten Labelvertrag ausgerechnet beim Electonica-Edelformat Warp Records unterschrieben, ist das sicherlich auch kein Zufall. Der Unterschied zu besagten Bands ist für mich letztendlich auch eher ein subjektiver, in der Hinsicht, dass Squid unter diesen Gruppen bisher so ziemlich die einzigen waren, die ich auch schon vor ihrem momentanen Hype ganz gerne mochte und in die ich echte Hoffnungen legte. Besonders ihre 2019 veröffentlichte EP Town Centre machte mich zuletzt extrem neugierig, weshalb ich nun, wo endlich auch ein Debütalbum erschienen ist, natürlich große Erwartungen hatte. Und ich sage es in Bezug auf das Ergebnis mal so: Bright Green Field ist musikalisch auf jeden Fall eine ganze Menge. Nicht nur quantitativ, wo die Briten direkt zum Einstand auf knappe 60 Minuten kommen, auch was Sound, Komposition und Einflüsse angeht. Dass es der Band an Ideen definitiv nicht mangelt, merkt man hier in jedem Moment und jeder klanglichen Faser. Da gibt es ein paar kaum merkbare Dub-Spitzen in G.S.K., einen langen und ziemlich unerbittlichen Drone-Teil am Ende von Boy Racers, schummrige Jazz-Bläsersätze in Global Grooves, kraftwerkige Kraut-Momente in Paddling und tausend andere Dinge mehr, die dieses Album in seinen Details besonders machen. Viele dieser Elemente werfen an verschiedenen Punkten der LP sehr verschiedene Assoziationen auf, die wenigsten davon lassen sich allerdings auf Bright Green Field als Gesamtwerk anwenden. Wenn überhaupt, dann die Hindeutungen auf besagte Windmill-Szene, die sich ihrerseits aber auch irgendwie über ihre inspirative Kaleidoskopigkeit definiert und musikalisch sehr unstet ist. Was man aber definitiv sagen kann ist, dass Fans von Black Country, New Road oder Black Midi hier auf ihre Kosten kommen dürften. Und ich für meinen Teil finde dabei noch immer, dass Squid in dieser Definitionsgruppe die kreativ stärkste Kraft sind. Zwar bleibt Bright Green Field auch ganz klar hinter dem zurück, was die Releases der letzten Jahre teilweise versprachen, doch sehe ich in diesen Tracks trotzdem weit mehr als in den meisten Sachen, die zurzeit aus der britischen Postpunk-Ecke kommen, vor allem in Sachen Originalität. In den besten Momenten gibt es dabei wirklich geniale Stücke wie G.S.K. oder Paddling, die mich von sich aus begeistern, und selbst in den schwächsten Passagen des Albums zeigen Squid, dass sie outside the box denken können und spannende Dinge ausprobieren wollen. Wenn das hier schon nicht das große vom Himmel fallende Meisterwerk ist, mit dem die Briten den bestmöglichen Einstand leisten, so ist es immerhin eine LP, die nochmal viel gutes obendrauf verspricht. Ob das eingehalten wird, werden wir letztendlich sehen. Im Zuge dieses ziemlich stabilen Debüts kann ihnen aber sicherlich niemand böse sein.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡⚫⚫ 08/11

Persönliche Höhepunkte
G.S.K. | Boy Racers | Paddling | Documentary Filmmaker | 2010 | the Flyover | Global Groove | Pamphlets

Nicht mein Fall
Resolution Square | Peel St.


Hat was von
Swans
Leaving Meaning

Black Country, New Road
For the First Time


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