Sonntag, 27. September 2020

Just As I Expected...

 Deradoorian - Find the Sun


[ schamanisch | krautig | esoterisch ]

Es ist glaube ich keine Übertreibung zu sagen, dass Find the Sun das von mir am sehnlichsten erwartete Album in dieser Saison ist, das ich nun bereits schon seit Frühjahr ganz oben auf meiner Release-Liste habe. Das hat zugegebenermaßen ein bisschen damit zu tun, dass sich die Promophse dieser LP inklusive Release-Aufschub nun schon weit über ein halbes Jahr hinzieht und eine gewisse Vorfreunde dadurch sehr befeuert wurde, aber es liegt auch daran, dass die Singles, die innerhalb dieser langen Zeit zahlreich veröffentlicht wurden, allesamt großartig waren. Für Angel Deradoorian, die im wichtigen Leben tatsächlich so heißt, ist es dabei insgesamt schon der dritte Langspieler. Nachdem sie in den Zwotausendern zunächst ihre Sporen als Mitglied der Band von Avey Tare und den Dirty Projectors verdiente, ist sie seit etwa zehn Jahren auch solo aktiv und widmete sich innerhalb dieser Beschäftigung schon einer recht bunten Palette aus Indiefolk, experimentellem Electronica und Ambient. Ihr größtes Steckenpferd lag jedoch schon immer im Bereich der soften Psychedelik und mit Find the Sun auch erstmals explizit in dessen Rock-Fraktion. Die genaue Einordnung ist dabei wie immer recht schwierig, doch geht die grobe Marschrichtung definitiv deutlich in Richtung Krautrock und Hippie-Folk, gelegentlich ergänzt durch einen Tupfer New Age. Mich persönlich erinnert vieles daran stark an die Band Goat, die ja auch diese gewisse Art schamanischer Rockmusik mit vielen Folk-Bezügen macht, wenngleich Deradoorian etwas weniger Waldgeist und etwas mehr schwarze Priesterin ist. Find the Sun ist dabei nicht unbedingt ein besonders grooviges oder fetziges Album, dennoch wird es an vielen Stellen dominiert von einem sehr präsenten, Jaki Liebezeit verehrenden Schlagzeug, das in Songs wie the Illuminator oder Saturnine Nights auch gerne mal sehr exklusiv zu hören ist. Dazu spielt oft eine sehr rustikale, rhythmische Variante von Gitarrenarrangement, die ebenfalls stark an Gruppen wie Can oder Amon Düül II erinnert. Besonders mag ich daran den zwar spärlichen, aber klanglich herrlich akzentuierten Bass, der immer wieder auftaucht. Gebrochen wird das ganze dann hin und wieder durch eher folkige Nummern wie Waterlily oder Monk's Robes, die sich dann auch nicht scheuen, ein aufwändiges Topping aus Flöten, Piano-Passagen und ambienten Synths einzubauen. Und obwohl die gesamte Platte dabei eine mehr oder weniger einheitliche Ästhetik fährt, ist man doch immer wieder überrascht, was Deradoorian damit alles anstellen kann und wie vielfältig jeder Song für sich klingt. Wo man in Waterlilys gerade noch eine sanfte Folk-Vignette hatte, steigt It Was Me im nächsten Moment in die Krautrock-Steigbügel, nur um im nächsten Moment in das fast an Samba-Jazz angelehnte Devil's Market überzugehen. Mit Mask of Yesterday driftet die Platte zum Ende hin dann leider etwas ins Dröge ab, was der Closer Sun in seinen fast acht Minuten auch nur schleppend wieder herausholt und mit einem für ein so hochwertiges Album etwas dürftigen Finale beschließt. Das macht die Sache am Schluss ein bisschen madig, ändert aber auch nicht viel daran, dass in diesem Album generell ein großer Haufen gute Arbeit steckt. Klar ist es kein großes Aha-Erlebnis, wenn diese Platte meinen ziemlich hoch gesteckten Erwartungen "einfach nur" entspricht, aber bei meiner krassen Vorfreude ist das auch das schon echt eine Leistung. Und allermindestens gibt es hier eine ganze Reihe von Songs, die wahrscheinlich über kurz oder lang den Weg in meine Heavy Rotation finden. Dringende Empfehlung also, auch wenn Find the Sun mit ziemlicher Sicherheit nicht das Album des Jahres wird. Wäre ja auch langweilig, sich selbst so zu bestätigen.


Hat was von
Goat
Requiem

Amon Düül II
Yeti

Persönliche Höhepunkte
Red Den | Corsican Shores | Saturnine Night | Monk's Robes | the Illuminator | Waterlily | It Was Me | Devil's Market

Nicht mein Fall
Mask of Yesterday

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