Samstag, 19. September 2020

Schöner Leben mit Death Metal

 Necrot - Mortal

 
[ brutal | altmodisch | zackig ]

Es überraschte mich vor einigen Tagen nicht wenig, als ich erfuhr, dass die Band Necrot aus Oakland gerade mal seit etwa neun Jahren existiert und dieses hier erst ihr zweites offizielles Album ist. Denn nimmt man sich der Eindrücke an, die diese Gruppe so aussendet, wirkt alles so, als wäre es schon ewig da. Die kitschigen Artworks, das dilletantisch-provokante Bandlogo, die ständigen Verbindungen zu Punkrock und Hardcore und natürlich der leidenschaftlich retro-ästhetische Sound der Band, der klingt wie Mitte der Neunziger stehen geblieben: Was diese Formation antreibt, ist Death Metal aus dem Lehrbuch mit einer glühenden Hingabe zum romantisch verklärtem Vintage. Zumindest kompositorisch, denn dass Necrot die Klassiker des vergangenen Jahrtausends verehren, nehmen sie glücklicherweise nicht als Anlass dafür, weniger fett zu klingen. Ähnlich anderer Retro-Acts wie Havok oder Toxic Holocaust übersetzen auch sie die Kompositorik der großen Altvoderen der Szene in einen klanglichen Bumms, der ganz und gar zeitgenössisch und durchproduziert klingt. Was Mortal in seiner Gesamtheit zu einem absoluten Selbstläufer macht. Denn Necrot müssen nicht sehr lange überlegen, was es für ihre Musik braucht und die Grunddevise ist simpel: Gut ist, was fetzt. Auch wenn das hier ab und an bedeutet, dass sich der eingangs erwähnte Purismus ein bisschen hinten anstellen kann. Die Riffs vieler Songs hier haben sich gerne ein paar Kniffe vom Black Metal abgeschaut, genauso gibt es klassisches Shredding und ein Schlagzeugspiel, das mit seinem Mangel an technisch verklausuliertem Hexenwerk fast schon an Siebziger-Metal erinnert. Von der aufwändigen Rock-Produktion sprachen wir ja bereits. Und klar sind das alles eher Details, doch tragen die alle dazu bei, dass Mortal als Gesamtheit ein kleines bisschen interessanter wird und sich vielleicht nicht vom Genre-Standard abhebt, aber ihm zumindest die richtigen Stützräder verpasst, um so simpel auch für die Death Metal-Laufkundschaft zu funktionieren, zu der ich mich immer noch irgendwie zähle. Am Ende des Tages schaffen Necrot damit vor allem eines: Ein richtig gutes Krach-Album, das mit klassischen Methoden funktioniert und vordergründig den Spaß am Heavy Metal im Sinn hat. Mit dem schönen Nebeneffekt, dass es auf für diejenigen empfehlenswert ist, die mit Death Metal vielleicht noch kein so intimes Verhältnis haben: Es bedient sich eines klassischen Sounds, schreckt aber beim Erstkontakt nicht so ab wie das klobige alte Zeug von Death oder Possessed und hat außerdem ein paar helfende klangliche Brücken zu Black-, Thrash- und Heavy Metal. Wäre das hier mein erstes Szene-Album gewesen, hätte ich mich vermutlich nicht so schwer damit getan. Es ist bei alledem kein Meisterwerk, es ist kein authentisches Retro-Produkt und es ist kein technisch oder spielerisch hochwertiges Monstrum. Es versucht aber auch nicht, irgendeines dieser Dinge zu sein und gerade das macht es in meinen Augen ganz besonders sympathisch. Und wo andere Necrot das vielleicht vorwerfen würden, finde ich darin viele ernsthafte Stärken, die meine ganz persänliche Welt des Metal besser machen. Und ich bin mir sicher, damit bin ich nicht der einzige.


Hat was von
Vader
Solitude in Madness

Death
Symbolic

Persönliche Höhepunkte
Your Hell | Dying Life | Asleep Forever | Malevolent Intentions

Nicht mein Fall
-

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