Sonntag, 7. Mai 2017

Tears of A Clown

Eines meiner Lieblingsvideos im ganzen Intertet zeigt die ungefähr dreiminütige Aufnahme eines Konzertabends in Seattle, in der ein halbnackter Mac DeMarco gemeinsam mit seiner Band zur Musik von Haddaways What is Love über die Bühne tanzt und sich selbst feiert. Es ist ein so ulkiges, aberwitziges Spektakel, das mehr oder weniger das Bild zusammenfasst, das ich über die letzten drei bis vier Jahre von diesem Typen hatte. Schon in meiner letzten Besprechung über ihn regte ich mich, ein bisschen mit dem Finger an der eigenen Nase, darüber auf, dass das Image des Kanadiers mittlerweile kaum noch mit dessen Musik zu tun hatte, sondern er zu einer Art Pausenclown der hippen Indiepresse geworden war. Zu Recht, musste man sagen. DeMarco war zuletzt sehr viel besser darin, auf Abruf schlechte AIDS-Witze zu erzählen, vor laufender Kamera seine Homies abzuschlabbern und sich dann und wann eine Marlboro zwischen seine Schneidezähne zu stopfen, als darin, Musik zu schreiben. Sein gediegener, sonniger Slacker-Garagenrock, einst noch von Blogosphere und Fans gefeiert, wurde irgendwann immer belangloser und unwichtiger. In gewisser Weise erlebte DeMarco in den letzten Jahren also eine Art Fler-Effekt, bei dem durch die wahnsinnig unterhaltsamen Interviews und Albereien das eigentliche Hauptprodukt mehr und mehr in den Hintergrund rückte. Bis zum Punkt, wo es dem Songwriter irgendwann selbst zu viel wurde und er eben dieser Pausenclown nicht mehr sein wollte. Man muss ihm auf jeden Fall Probs dafür geben, dass er diesen Imagewandel sehr erfolgreich vollzogen hat. Ab Ende 2016 tauchte Mac kaum noch in Videos auf und wenn, dann redete er viel mehr über sich, seine Erlebnisse und vor allem seine Songs. Gleichzeitig erschienen zu dieser Zeit auch Singles wie This Old Dog und My Old Man, die deutlich subtilere Töne anschlugen und deren Texte sich mit dem Älterwerden, dem Tod und ähnlich düsteren Sachen auseinandersetzten. Der Kanadier war auf dem besten Weg, ein seriöser Künstler zu werden. Und diese neue LP sollte diesen Stilbruch manifestieren. Wenn man mich fragt, ist dieses Vorhaben gelungen, auch wenn das nicht bedeutet, dass Mac DeMarco jetzt interessantere Musik schreibt. Sicher, This Old Dog ist thematisch wie klanglich vielfältiger und eher melancholisch gehalten, doch hört man hier stellenweise doch noch eine gewisse Überforderung mit dem Material heraus. Über die kompletten 43 Minuten des Albums ist nie so etwas wie ein stilistischer roter Faden zu erkennen, das ganze klingt eher wie eine unmotivierte Mischung von Einzeltracks. Und auch die sind in sich ziemlich unstet. Mal als bloße Gitarrensongs konzipiert, fehlt ihnen irgendwie eine ordentliche Substanz, damit man wirklich zuhört. Setzen sie neue Elemente wie Synthesizer oder Piano ein, passiert das meist zu zögerlich, um wirklich eine Wirkung zu entfalten. Wollen Stücke subtil und vorsichtig klingen, enden sie meistens einfach nur öde. Unstimmigkeiten finden sich in vielen Momenten. Was mich an This Old Dog aber am meisten ärgert, ist Macs Gesangsperformance. In fast allen Tracks wispert er hier über eine minimalistische Instrumentalbegleitung, sodass man meinen könnte, er würde zum ersten Mal ein Mikrofon sehen. Vor drei Jahren klang das noch ganz anders. Die besten Momente sind hier dann tatsächlich wieder die wie One Another oder Moonlight On the River, in denen er zu altbewährten Mitteln greift. Nicht weil die per se besser sind (eigentlich dachte ich sogar, ich hätte ein für alle mal genug davon), sondern einfach weil man merkt, dass er sich hier sicher fühlt und ordentlich performen kann. Wobei es auch ein paar Nummern gibt, in denen der Plan einigermaßen aufgeht: In Sister und Watching Him Fade Away funktioniert das Konzept des balladesken Understatements fabelhaft und man bekommt einen Eindruck, wie dieses Album hätte werden können. Außerdem gibt es da den Track A Wolf Wears Sheeps Clothes, in dem Mac die Mundharmonika für sich entdeckt, was auf Anhieb super klingt. Solche Songs würde ich gerne sehr viel mehr von ihm hören. Und ein Teil von mir glaubt, dass das der Fall sein wird. Denn gute Ansätze sind hier durchaus vorhanden. Aber wenn ein Künstler einen Stilbruch wagt, wie DeMarco es hier tut, ist es normal, dass man nicht sofort alles auf die Ketten kriegt. This Old Dog könnte das Album sein, auf dem der Kanadier sich vorsichtig an eine neue Ästhetik herantastet, die er zu einem späteren Zeitpunkt erst richtig ausformuliert. So zumindest der Optimalfall. Es könnte allerdings auch sein, dass Mac DeMarco tatsächlich der maßlos überbewertete Spaßclown ist, der einfach nur tierisches Glück hatte und irgendwie zur Teenie-Ikone geworden ist und hier versucht, seine Rest-Credibility noch irgendwie zu retten, bevor alle den Braten riechen. Aber sowas würde ich natürlich niemals denken...





Persönliche Highlights: Baby You're Out / One Another / Sister / A Wolf Wears Sheeps Clothes / Moonlight On the River / Watching Him Fade Away

Nicht mein Fall: For the First Time / Dreams of Yesterday / One More Love Song / On the Level

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