Dienstag, 2. Mai 2017

Stets bemüht

Eigentlich kann Leslie Feist mittlerweile machen was sie will, es scheint auf der Welt eh keine Lorbeeren zu geben, die die Kanadierin nicht schon vorher abgegriffen hat. Mit the Reminder hat sie eines der universell abgefeierten Alben des letzten Jahrzehnts produziert, mit Metals eines, das ich sogar noch ein bisschen besser finde und spätestens nachdem sie 2011 auf der Feistodon-EP ausgewählte Stücke von Mastodon coverte, ist sie ziemlich unfickbar. Zumindest so unfickbar, dass auch nach sechs Jahren ohne neue Songs noch immer alle diese neue Platte wollen und bei den Singles feuchte Hände bekommen. Als jemand, der sich gerade erst anfing, halbwegs ernsthaft mit Musik zu beschäftigen als Feist ihre letzte LP veröffentlichte, ist das für mich schwierig nachzuvollziehen. Für mich wirkt ihre Musik noch immer wie ein Relikt des unschuldigen Indierocks der Nullerjahre, das damals den richtigen Ton traf, den man zehn Jahre später aber auch nicht mehr unbedingt geil finden muss. Folglich fragte ich mich, ob es der Songwriterin gelingen würde, mit Pleasure tatsächlich noch einmal eine wirklich relevante Platte zu veröffentlichen oder ob die Zeit sie hier eingeholt hätte. Und zumindest kann man diesen elf Tracks bescheinigen, dass sie sich große Mühe geben. Die Kompositionen hier sind grantiger und rockiger als vieles, was man von Feist zuvor gehört hat und altbacken klingen sie ehrlich gesagt überhaupt nicht. Statt Indie-Hits zu schreiben wie früher, probiert Leslie hier den Schritt ins Experimentelle, lässt Umgebungsgeräusche in den Aufnahmen ungefiltert drin und führt mitunter eine sehr repetetive, meditative Feder. Und theoretisch sind das alles nette Ideen, aber sie reichen am Ende nicht, um zu wissen, wo dieses Album tatsächlich hin will. Denn obwohl sich die Platte stellenweise an einem echt harten Garagensound aufscheuert, sind andere Momente nach wie vor von den niedlichen Zuckerwatte-Melodien geprägt, die wir von Feist schon lange kennen. Weshalb Pleasure als ganzes eher wie ein billiger Kompromiss anmutet, der nicht wirklich funktioniert. Wäre man beispielsweise tatsächlich stur und brutal die Experimental-Schiene gefahren, hätte die sehr rohe LoFi-Produktion vielleicht Sinn ergeben, so jedoch fragt man sich immer wieder, wieso dieses Album klingt, als wäre es auf einem Toaster aufgenommen wurden. Hätte man wiederum einfach nur Popmusik gemacht wie früher, wäre Pleasure sicher auch einfach nur langweilig. Die seltsamen Schnipseleien und verrückten Ideen geben diesem Album schon jede Menge Charakter und Dinge wie das Sample aus Mastodons the High Road in A Man is Not His Song sind einigermaßen genial. Allerdings erkenne zumindest ich zwischen diesen Einschüben keinerlei Zusammenhang und mehr als ein nettes Gimmick sind sie nicht. Das gleiche gilt für das Feature von Pulp-Frontmann Jarvis Cocker in Century. Die Songs selbst sind im eigentlichen nicht schlecht, aber auch nichts wirklich neues. Meistens werden sie mit zunehmender Länge außderdem etwas monoton und alles, was hier über viereinhalb Minuten einnimmt, ist ziemlich unnötig. Mit dem Versuch, hier ihren Horizont zu erweitern, hat Leslie Feist also eher für viele Fragezeichen gesorgt und ein unstetes, unschlüssiges Album aufgenommen. Dieses verfügt zwar nach wie vor über ziemlich gutes Material, doch lässt dessen Aufbereitung hier doch sehr zu wünschen übrig. Ich würde nicht sagen, dass die Kanadierin hier zwingend schlechter klingt als auf ihren Vorgängern, nur definitiv gewöhnungsbedürftiger. Und dabei kenne ich ihre Platten von früher gar nicht mal so gut. Wer also langjähriger Fan ist, sollte gewarnt sein. Das hier ist nicht mehr die Feist von the Reminder. Das hier ist die komische neue Feist von 2017. Und mit der sind Schwierigkeiten vorprogrammiert.





Persönliche Highlights: I Wish I Didn't Miss You / Lost Dreams / Any Party / the Wind

Nicht mein Fall: A Man is Not His Song / I'm Not Running Away

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen