Dienstag, 30. Mai 2017

Papa Bless!

2017 ist Marten Laciny offiziell der erfolgreichste Rapper in der Bundesrepublik Deutschland und als jemand, der HipHop nicht nur aus dem Abendprogramm bei Rock am Ring kennt, könnte man sich fragen, wie das eigentlich sein kann. Seit inzwischen über drei Jahren hat der Rostocker unter dem Namen Marteria kein neues Album mehr veröffentlicht und hätte es 2015 nicht ein Marsi-Tape gegeben, hätte ich um seine Existenz ehrlich gesagt fast vergessen. Klar waren die beiden Zum Glück in die Zukunft-Platten und so Sachen wie Lila Wolken richtig gut und vor allem mega erfolgreich, aber der dickste von allen? Die letzten zwei Jahre Deutschrap sagen gefühlt auf jeden Fall etwas anderes. Und eigentlich finde ich das auch okay so. Mittlerweile hat Marteria in meinen Augen irgendwie den Vibe des friedfertigen Rap-Papas perfektioniert, der in Interviews über seine Leidenschaft fürs Angeln redet und sich am Ostseestrand auf seinen Geldbündeln sonnt. Das ist an sich auch schön so, nur höre ich das in seiner Musik bisher noch zu selten. Schon auf dem letzten Album wirkten einige der hedonistischeren Tracks auf mich ziemlich unglaubwürdig, weil Marteria eben eindeutig keine 20 mehr ist und weil es daneben auch Songs wie Hier kommt Louis oder Die Nacht ist in mir gab, die ganz klar eine andere Sprache hatten. Und für Roswell hatte ich mir erhofft, dass dieses Bewusstsein nun auch auf Albumlänge Einzug in Martens Musik hält. Zumal diese Platte ja nun definitiv kein weiterer ZGIDZ-Teil ist (was eigentlich auch Augenwischerei ist: Produzenten sind nach wie vor the Krauts und auch die Feauture-Klassiker Armin Teutoburg-Weiß, Miss Platnum und Yasha sind wieder vertreten). Diese LP hätte das bezeichnende Moment in Marterias Karriere werden können, in dem er aufhört, Popstar zu sein und endlich mal zum Rapper wird, der er ja nie so richtig war. So zumindest mein kleiner Wunschtraum. Und teilweise ist der hier auch wahr geworden: Stücke wie Blue Marlin oder Tauchstation sind ziemlich introvertierte und intelligente Nummern, die den Rostocker von seiner besten Seite zeigen: Irgendwie entspannt und dankbar, aber trotzdem ein bisschen melancholisch. Auch Skyline mit zwei Türmen, in dem Marten über seine Zeit in New York schreibt, ist ziemlich spannend. Aber es wäre natürlich zu einfach, es einfach dabei zu belassen: Auch Roswell kann eben nicht ohne die obligatorischen Party-Tracks, die Stadion-Brecher und die dämlichen Hedonismus-Lines, die es auch schon bei den letzten Malen gab. Und leider muss ich sagen, dass diese hier noch ein Stück unglaubwürdiger rüberkommen als vorher. Gerade Sachen wie Aliens oder Cadillac wirken irgendwie ein bisschen so, als würde Marteria nicht mehr so richtig wissen, wer eigentlich seine Zielgruppe sein soll. Wobei man ihm generell auch nach wie vor zugute halten muss, dass er diese Art von Songs drauf hat und Radiohits liefert diese Platte nach wie vor genügend für den Rest des Jahres. Das ist nach wie vor vor allem der Arbeit der Krauts zu verdanken, die sich hier mal wieder selbst übertreffen und auf den gesamten zwölf Nummern nicht einen Beat abliefern, der irgendwie mittelmäßig wäre. Mehr denn je sind sie die eigentlichen Helden des Kosmos Marteria. Denn der hat es sich inzwischen im Vibe seines Erfolgs gemütlich gemacht und macht dort safe das, was auf den Vorgängern auch schon funktioniert hat. Am Ende des Tages ist Roswell nicht wirklich anders als die beiden ZGIDZ-Platten und das ist ganz gut, aber eben auch nicht wirklich interessant. Ein weiteres Highlight des deutschsprachigen Poprap hat Marten Lanciny hier nicht veröffentlicht. Auch wenn es ihm trotzdem noch ein paar Jahre die Position als erfolgreichster Rapper dieses Landes einbringen wird.





Persönliche Highlights: Roswell / Tauchstation / Blue Marlin / Skyline mit zwei Türmen / Elfenbein

Nicht mein Fall: Aliens / Scotty beam mich hoch / Cadillac

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