Sonntag, 28. Mai 2017

Das Boot ist voll!

Wir leben in schellen Zeiten, liebe Freunde. In Zeiten, in denen eine Band von einer Woche auf die nächste vom Supernewcomer zum Tabuthema wird, in denen einige Künstler*innen dieses Jahr schon drei Longplayer veröffentlicht haben und in denen jemand wie Lil Yachty innerhalb weniger Monate vom Nobody zum Kettensprenger des HipHop wird. Der unbeschreibliche Höhenflug, den der Rapper aus Atlanta 2016 und 2017 hingelegt hat, ist mehr oder weniger ein kleines Wunder, auch wenn er alles andere als unbegründet ist. Wenige Protagonisten in der Szene polarisieren so extrem wie Lil Boat und die Fehde zwischen Fans und Gegnern des MCs ist schon lange nur noch ein minder witziges Meme. Ich persönlich stand in dieser Debatte zugegeben immer ein wenig auf der Seite der Hater. Zwar ist mir klar, dass Yachty vieles revolutioniert und mit Konventionen bricht, was gut und wichtig ist, doch habe ich wenige seiner Sachen bisher wirklich gerne mehr als einmal gehört. Wenn dem so war, dann war er selbst meist nur Feature-Gast, wie bei D.R.A.M.s Broccoli oder dieser seltsamen Target-Werbung mit Carly Rae Jepsen vom letzten Jahr. So richtig überzeugende Singles von ihm waren tatsächlich erst die im Vorfeld von Teenage Emotions wie iSpy, Harley oder Bring It Back, weshalb ich mich letztendlich doch dazu herumreißen konnte, eine Besprechung über ihn zu schreiben. Nach den Turbulenzen um den Künstler im letzten Jahr hatte ich die Hoffnung, dass sich Lil Boat hier ein Herz fasst und sich nun auch bemüht, ein ordentliches Album mit etwas Substanz aufzunehmen. Leider muss ich sagen, dass ich diesen Eindruck hier nicht wirklich gewonnen habe. Viel eher ist Teenage Emotions der Versuch, Yachtys bisherigen Style lediglich auf maximale Größe aufzublasen, sodass er die stattliche Albumlänge von fast 70 Minuten irgendwie ausfüllt. Das Ergebnis ist eine Platte voller austauschbarer, unglaublich öder Trap-Schlonzen, unter denen ab und zu vereinzelte Hits herausstechen. Ein bisschen macht diese LP also den gleichen Fehler wie vor kurzem Ufo361 mit seinem letzten Mixtape. Der einzige Grund, warum er nicht ganz so sehr abkackt, sind die wenigen einzelnen Banger, denn die hauen zumeißt wirklich auf den Putz. Harley ist ein feuchter Autotune-Traum, Bring It Back ein gelungenes Experiment mit Synth-Kitsch und Peek A Boo profitiert vor allem vom 2017 fast schon obligatorischen Gastauftitt der Migos. Das meiste vom Rest des Albums ist die Erwähnung nicht wirklich wert. Richtig furchtbare Tracks gibt es hier auch nicht, nur eben sehr sehr viele seht langweilige. Und wegen solcher Nummern ist Lil Boat weiß Gott nicht der neue Trap-Messias. Statt endlich mal Ordnung in sein Songwriting zu bringen und sich mit substanzieller Produktion zu beschäftigen, sprich Dinge zu tun, die seine bisherigen guten Singles so gut machten, stolpert er hier weiter über orientierungslose Beats und liefert Lines ohne Fokus ab. Teenage Emotions bildet also einen Rapper ab, der den Absprung vom heißen Newcomer zum ernsthaften Künstler nicht auf die Reihe bekommt. Und in den turbulenten Zeiten, in denen sich die Musiklandschaft zurzeit befindet, sollte Yachty das schnellstens tun. Denn sonst ist er ganz schnell auch wieder weg vom Fenster und irgendein dämlicher Soundcloud-Futzi nimmt seinen Platz rein. Was aus meiner Sicht nicht wirklich wünschenswert wäre, denn im Gegensatz zum Großteil der Trap-Landschaft hat dieser Typ hier wirklich mal sowas wie Charakter. Nur eben nicht genügend Songs, die das auch zeigen.





Persönliche Highlights: Peek A Boo / Harley / X Men / Bring It Back / Running With A Ghost / Priorities / Made of Glass

Nicht mein Fall: Like A Star / All Around Me / All You Had to Say / Moments in Time / No More

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