Mittwoch, 17. Mai 2017

Attacke!

Ich würde nicht behaupten, dass Love A bisher eine meiner Lieblingsbands gewesen wären. Zwar habe ich, seitdem ich mit schreiben angefangen habe, die Kölner regelmäßig mit Erwähnungen bedacht, doch wirklich euphorisch war ich dabei nie. Mit ihrem Sound un ihrer Attitüde bedienten sie sich lediglich ziemlich gut an der Elite der guten deutschen Punkbands wie Captain Planet, Turbostaat oder Muff Potter und ihre Platten waren an sich auch nur okay. Und spätestens mit ihrem letzten Longplayer Jagd & Hund war ich eigentlich überzeugt, dass es jetzt auch okay war, sich nicht mehr für diese Band zu interessieren. Aber wie es immer so ist, war das letzte Wort hier noch nicht gesprochen. Diese Erkenntnis kam für mich, als im Februar dieses Jahres die Single Nichts ist leicht als Vorprescher dieses neuen Albums veröffentlicht wurde. Nach den eher lauen letzten Sachen der Kölner springt einen dieser Track förmlich an, regt zum Mitdenken an, hat eine hammermäßige Melodie, die Hook zum heulkrampfend mitbrüllen und nicht zuletzt auch eines der besten Videos des bisherigen Jahres. Dass ich da über die neue LP sprechen musste, war natürlich sofort klar. Ein bisschen rechnete ich noch damit, dass das ganze vielleicht ein One-Hit-Wonder werden könnte, aber insgeheim hoffte ich, dass diesmal wirklich was los ist. Und ich kann mit Freude verkünden, dass ich Nichts ist neu als das bisher beste Love A-Album befinde. Zwar tut die Band hier nicht wirklich etwas anderes als bereits vor vier Jahren auf Irgendwie, doch ist es diesmal so etwas wie die Deluxe-Version dieser Ästhetik. Die Songs klingen bissiger, Jörkk Mechenbiers sehr eigenwilliger Humor kommt großartig zur Geltung und nicht zuletzt hat die Rhythmusgruppe ordentlich aufgerüstet. 2017 klingen Love A deshalb zwar poppiger, aber auch fokussierter als vorher. Und das erste Mal gelingt es ihnen hier, wirklich großartige Tracks zu produzieren. Neben dem bereits angesprochenen Nichts ist leicht gibt es da noch das schwarzhumorige Nachbarn II und mit Kanten einen überraschend motivierenden Optimus-Song. Mein persönlicher Favorit der Platte ist jedoch Unkraut, eine ungeschminkt politische Nummer, die nicht nur wahnsinnig gut gemacht ist, sondern auch irgendwie den Anschein erweckt, wichtig zu sein. Wichtig, weil hierzulande eben immer noch Geflüchtetenunterkünfte brennen und die Alternative für Deutschland weiterhin Zulauf verzeichnet. Und weil man von den Kölnern unter diesen Umständen auch mal hört, dass sie nicht nur introvertierten Identitäts-Emo-Mist schreiben. Einen solchen Erkenntnisgewinn hat Nichts ist neu seinen Vorgängern voraus und macht es zu etwas besonderem in der Diskografie von Love A. Dass am Ende die Produktion nicht so wirklich meine Welt ist und es doch ein, zwei plakative Stücke gibt, kann man da schon eher verzeihen. Denn hier hat die Band gezeigt, dass sie mit Sicherheit noch jede Menge Energie hat. Und das ist dann doch etwas neues.





Persönliche Highlights: Nichts ist leicht / Nachbarn II / War klar / Die Anderen / Unkraut / Löwenzahn / Kanten / Verlieren

Nicht mein Fall: Sonderling / Weder noch

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