Donnerstag, 4. Mai 2017

Mit seiner Gitarre

Obwohl ich dieses Format im großen Verständnis der Dinge noch nicht wirklich lange betreibe, fällt mir gerade auf, wie oft ich dabei schon über Platten von Thurston Moore geschrieben habe. Sei es über alte Sachen von Sonic Youth in Retro-Reviews, sein neues Bandprojekt Chelsea Light Moving oder über diverse Solo-Ausflüge. Moores Musik war und ist für mich immer noch ein ziemliches Thema. Seit nunmehr zweieinhalb Jahren stand sein Name nun nicht mehr über einer Besprechung und es wird langsam wieder Zeit. Zumal ich mich das letzte Mal eher unsanft von ihm getrennt hatte. Sein damals neues Album the Best Day mochte ich eigentlich schon, allerdings musste ich auch bemängeln, dass der New Yorker zu sehr in alte Muster verfiel und mittlerweile nicht mehr wie der klanglicher Revolutionär klang, der er mel war, sondern seine Ideen aus den Achtzigern nur noch unkreativ wiederkäute. Und ich machte mir Sorgen, ob er überhaupt noch Lust hatte, sich mit seiner Musik Mühe zu geben. Aber wenn man sich jetzt Rock n Roll Consciousness anhört, sieht das ganze schon wieder sehr vielversprechend aus. Allein die Tracklist nur anzusehen macht Hoffnung: Fünf kolossale neue Tracks gibt es hier, von denen keiner unter sechs Minuten lang ist, der Opener Exalted kommt sogar auf stattliche zwölf. Nicht nur fährt er damit ein anderes Konzept als auf den eher knapp gehaltenen Vorgängern, er nutzt meiner Meinung nach auch seine Stärken. Jene mäandernden, krachig-psychedelischen Noise-Jams sind seit dem Ende von Sonic Youth in meinen Augen die große Stärke des Gitarristen und selbst auf the Best Day war der einzig wirklich überzeugende Song der brachiale Elfminüter Forevermore. Aber nicht nur strukturell gibt es hier eine Veränderung, auch klanglich. Statt krawallig klingt Rock n Roll Consciousness an vielen Stellen mal psychedelisch, mal shoegazig, mal indierockig, mal fast hippiesk. Die allgemeine Ästhetik ist wesentlich sanfter und luftiger und in jedem Song schafft Moore es, großartige Kontraste zu bilden. Was man hier hört, erinnert an so vielseitige Rockbands wie Dinosaur Jr., My Bloody Valentine, Kyuss, Pavement, Colour Haze oder Can. An Sonic Youth musste ich beim Hören indes fast nie denken. Und Lecko Mio, sind die Riffs hier eine Wonne! Was Moore hier eine Dreiviertelstunde lang auf der Gitarre zaubert, ist absolut erste Sahne. Dazwischen streut er ab und zu noch ein Solo ein, das die Hirnschale endgültig explodieren lässt und zumindest ich höre hier das erste Mal, was dieser Typ technisch auf dem Kasten hat. Dass er in vielen Momenten dabei nicht nach sich selbst klingt, verzeihe ich ihm gerne. Wer so kreativ mit Stilen und Techniken spielt, den kann ich nicht haten und mit fast Sechzig muss auch niemand mehr innovativ sein. Thurston Moore ganz besonders nicht. Stattdessen macht er hier eine Platte, die einem ihre Einflüsse vielleicht unter die Nase reibt, aber die so fantastisch ausgeführt ist, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Hier hat jemand seine größten Stärken mit maximaler Wirkung ausgespielt und diesen Triumph kann man ihm nicht nehmen. Und da weiß man dann eben auch, warum man die ganzen Jahre über immer fleißig über diesen Typen schreibt. Weil die Möglichkeit, dass so eine Platte kommt, noch immer sehr wahrscheinlich ist.





Persönliche Highlights: Exalted / Turn On / Smoke of Dreams

Nicht mein Fall: -

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