Montag, 29. August 2022

Die einmalige Chance, etwas großes zu erschaffen

Danger Mouse & Black Thought - Cheat Codes
DANGER MOUSE & BLACK THOUGHT
Cheat Codes
BMG
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ nostalgisch | soulig | philosophisch ]

Es war kein besonders großes Wunder und alles in allem eigentlich sogar recht ahnbare Entwicklung, als Cheat Codes unmittelbar nach seinem Release vor zwei Wochen so ziemlich alle Herzen zugefolgen kamen, die die Kritik zu verteilen hatte und es sofort den Eindruck machte, als wäre hier eines der wichtigsten Hiphop-Alben der gesamten Saison erschienen. Und wenn man sich die Parameter des ganzen mal ansieht, dann waren die Weichen für diese LP, die sie genau diesen Weg gehen ließen, eigentlich schon in dem Moment gestellt, in dem sie zum ersten Mal als Idee existierte. Sie musste einfach ein Meisterwerk werden. Schon allein der Leute wegen, die hier auf dem Cover stehen. Da wäre auf der einen Seite Black Thought, einer der renommiertesten und inhaltlich schwergewichtigsten Rapper der vergangenen 30 Jahre, der vor allem als Frontmann der Roots schon lange seinen Fußabdruck in der Geschichtes des Hiphop hinterlassen hat. Auf der anderen mit Danger Mouse einer der ganz großen Produzenten des bisherigen 21. Jahrhunderts, dessen Lebenslauf als Mann hinter den Reglern inzwischen Legenden wie die Gorillaz, MF DOOM und die Red Hot Chili Peppers umfasst und der nach vielen eher Pop-orientierten Projekten hier wieder zu seinen Wurzeln im klassischen Boom Bap zurückkehrt. Vor allem freute ich mich auf Cheat Codes aber auch deshalb, weil Kollaborationen wie diese generell häufig welche sind, die beeindruckendes erzielen. Platten wie Haram von Armand Hammer und the Alchemist, Madvillainy von Madlib und MF DOOM oder Twelve Reasons to Die von Ghostface Killah und Adrien Younge, die eine fantastische Symbiose darstellen und in Sachen Lyrics und Beats nichts selten das beste aus zwei Welten vereinen. Und mit diesen beiden Typen sind auf Cheat Codes nicht weniger als Superstars ihres Fachs am Werk, ganz zu schweigen von einer extrem exklusiven Gästeliste mit Leuten wie A$ap Rocky, Joey Bada$$, Run the Jewels, Raekwon und MF DOOM, die sich hier gegenseitig die Klinke in die Hand geben. Weshalb es für mich am Ende fast schon ein bisschen enttäuschend ist, dass Cheat Codes dann eben doch kein Meisterwerk sein kann, sondern eben nur ein relativ gewöhnliches Hiphop-Album. Ohne Frage ein ziemlich gutes mit fantastischen Performances aller beteiligten und ein paar echten Bangern, die mich ziemlich beeindruckt haben. Aber eben auch mit deutlichen Schwachstellen und Momenten, die eher mittelmäßig und fad bleiben. Und obwohl ich ob dieses Eindrucks auch weit davon entfernt bin, irgendwie beleidigt zu sein oder rumzujammern, finde ich es doch schon irgendwie schade, dass es nicht mehr geworden ist. Denn ein so okayes Produkt aus so vielen Faktoren zu bekommen, die ich sonst absolut fantastisch finde, passt in gewissen Punkten einfach rechnerisch nicht. Und für so viel talentiertes Personal an allen Enden wirkt Cheat Codes am Ende einfach ein bisschen so, als wäre das alles schonmal dagewesen. Auf den abertausenden Griselda-Projekten der letzten paar Jahre (Conway the Machine hat hier sogar einen Gastpart), in den Beats von DJ Premier und the Alchemist, bei Run the Jewels (ebenfalls als Feature vertreten) und vor allem bei Ghostface Killah, der ja immer wieder zu dieser ganz bestimmten Boom Bap-Ästhetik zurückkehrt und brilliante Ergebnisse liefert. Obwohl Cheat Codes also grundsätzlich gut ist, fehlt mir persönlich ein bisschen das besondere an dieser LP, das letztlich auch nicht von Black Thought als Performer kommt. Wenn überhaupt, dann von der Chemie, die er und seine vielen Gäste hier gemeinsam entwickeln und die hier wirklich für ziemlich beeindruckende Ergebnisse sorgt. So ist die Hook von Kid Sister in the Darkest Part echt fantastisch, in Belize gibt es einen der bisher stärksten posthumen DOOM-Parts zu hören, Michael Kiwanuka gibt Aquamarine die optimale melodische Abrundung und was Black Thought mit A$ap Rock, El-P und Killer Mike in Strangers macht, ist definitiv meine persönliche Rehabilitation des klassischen Posse Cuts. Richtig gute Momente, von denen einige sehr wahrscheinlich sogar Lieblingssongs von mir werden, hat Cheat Codes also durchaus. Nur ist das eben nur die eine Hälfte der ganzen Nummer, deren andere dann durchaus auch mal ein bisschen langweilig werden kann. Und das, so hart muss ich an dieser Stelle sein, können sowohl Danger Mouse als auch Black Thought besser. Im Falle des ersteren ist das noch eher verschmerzbar, weil er sowieso früher oder später weiterzieht und sowieso schon genug Klassiker auf dem Kerbholz hat, dass er bei mir keinen schlechten Eindruck mehr machen kann. Bei zweiterem jedoch finde ich es schon ein bisschen schade, denn nachdem sein offiziellles Solo-Debüt von 2020 auch schon ein bisschen awkward war, hätte ich mir für ihn hier mehr denn je ein fulminantes Referenzwerk gewünscht, dass ihn künstlerisch vom Werk der Roots absetzt. Und dass Cheat Codes das nicht geworden ist, lässt in mir dann doch irgendwie Zweifel aufkommen, ob es damit überhaupt noch mal was wird. Denn wie gesagt: Die Chance eines so prestigeträchtigen und prominent bestückten Projektes bietet sich nicht alle Tage. Und man sollte - als Künstler wie als Hörer*in - in jedem Falle das beste daraus machen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡 08/11


Persönliche Höhepunkte
the Darkest Part | Belize | Aquamarine | Strangers | Saltwater | Violas & Lupitas

Nicht mein Fall
Close to Famous 

Hat was von
Benny the Butcher
Pyrex Picasso

Ghostface Killah & Adrien Younge
Twelve Reasons to Die II


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