Samstag, 20. August 2022

Die Jahre dazwischen

Joey Bada$$ - 2000
JOEY BADA$$
2000
Pro Era | Columbia
2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ fluffig | nostaligisch | ostküstig ]

Wenn ich mir aus der Perspektive von 2022 die zehn Jahre anschaue, die die Karriere von Joey Bada$$ nun schon andauert, dann ist es für mich kein allzu großer Hot Take, sie als eine der größeren Enttäuschungen in der Rap-Landschaft dieser Zeit zu bezeichnen. Und das obwohl ich eigentlich finde, dass es von ihm bis heute kein einziges schlechtes Album gibt. Nach wie vor schätze ich den New Yorker Pro Era-MC als lyrisch cleveren Boombap-Nostalgiker mit echter Liebe für den klassischen Soundküste, der diesen aber auch in einen modernen Pop-Kontext übertragen kann und darüber hinaus dadurch hervorsticht, dass er echt was zu sagen hat. Nur fühlt es sich nach inzwischen einer Dekade mit ihm irgendwie doch so an, als wären das nicht die Sachen, die zu Anfang der Zwotausendzehner Sachen wie B4.DA.$$ und vor allem sein berüchtigtes erstes Mixtape 1999 versprachen. Denn mit gerade Mal 17 Jahren war Bada$$ damals aus dem Stand einer der spannendsten und talentiertesten Rapper der gesamten Szene, der darüber hinaus auch ein einmaliges Feeling für Kohärenz, Produktion und Sound hatte und scheinbar mit jedem seiner kreativen Moves komplett ins Schwarze traf. Und ihn heutzutage als einen Künstler unter vielen zu sehen, der irgendwie auch nur mit Wasser kocht, fühlt sich deshalb für mich einfach falsch an. Ganz besonders in der Hinsicht, dass es inzwischen ganze fünf Jahre her ist, dass es ernsthaft neue Musik aus seiner Feder gab und Joey damit quasi die beste Zeit seiner Karriere kreativ abwesend war. Was 2000 an diesem Punkt nicht nur die Wirkung eines kleinen Comebacks zukommen lässt, sondern auch noch deshalb besonders ist, weil es sich in vielen Ideen sehr offensichtlich auf besagtes erstes Mixtape bezieht, das in dieser Saison sein zehntes Jubiläum feiert. Hoffnung war im Vorfeld der Platte von meiner Seite aus also auf jeden Fall da, die Ernüchterung ließ aber auch nicht lange auf sich warten: Schon die ersten Singles der Platte, die im Frühjahr erschienen, waren ehrlich gesagt ziemlich lahm unterwegs und hatten nicht die notwenige Energie für ein wirkungsvolles Ausrufezeichen nach so langer Abwesenheit. Und was das Ergebnis letztenlich parat hält, ist folglich auch die mit Abstand schwächste LP des Joey Bada$$ bisher. Ein schlechtes Album macht er dabei noch immer nicht und gerade auf lyrischer Seite ist das erste Drittel von 2000 mit Tracks wie the Baddest, Make Me Feel oder Where I Belong echt stark, doch braucht Joey danach auch nicht lange, um in einem irgendwie sehr gefälligen und unspezifischen Territorium zu landen, auf dem er mittelfristig sehr langweilig und uninspiriert klingt. Songs wie Show Me, One of Us oder Eulogy klingen einfach viel zu sehr nach billigem Füllmaterial und spätestens während der letzten zwei Songs der Platte sehne ich mich nur noch einem Ende entgegen, das blöderweise nochmal durch zwei fünfminütige Schwergewichter verstellt wird, die in meinen Augen völlig unnötig sind. Obwohl die Probleme der Überlänge und der fehlenden Selektion ja irgendwie auch schon immer für kleine Probleme bei Bada$$ sorgten und zumindest All Amerikkkan Bada$$ schon den ein oder anderen mittelguten Track hatte, werden sie hier erstmals zu schwerwiegenden Makeln seiner Musik, die er nicht mehr durch starken Lyrizismus und/oder flashiges Charisma ausgleichen kann. Was dann demenstprechen für eine LP von ihm sorgt, die ich zum ersten Mal höchstens noch als ziemlich okay bis mäßig gut bezeichnen würde. Wobei das schlimmste daran ja ist, dass es nicht mal wirklich überraschend kommt.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡 07/11


Persönliche Höhepunkte
the Baddest | Make Me Feel | Where I Belong | Brand New 911 | Zipcodes | Welcome Back | Wanna Be Loved | Head High

Nicht mein Fall
One of Us | Surviors Guilt | Written in the Stars

Hat was von
Lupe Fiasco
Tetsuo & Youth

Denzel Curry
Melt My Eyes See Your Future


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