Dienstag, 23. November 2021

Courtney hat euch lieb

COURTNEY BARNETT
Things Take Time, Take Time
Marathon Artists
2021
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ swaggy | warmherzig | rustikal ]
 
Seit sechs Jahren schreibe in in diesem Format nun bereits über die Musik von Courtney Barnett, was ja grundsätzlich schon irgendwie dafür spricht, dass sie bei mir insgesamt einen sehr bleibenden Eindruck hinterlassen hat und dass ich ich ihren Output - obwohl das erwiesenermaßen nicht immer so war - von der Sache erstmal mag. Fragt man mich über meine heutige Sicht der Dinge, dann ist die Australierin für die Rockmusik der vergangenen Dekade eine nicht zu vernachlässigenden Impulsgeberin und darüber hinaus wahrscheinlich die coolste Person auf der Oberfläche dieses Planeten, auch wenn es mir erfahrunsgemäß immer etwas schwer fällt, mich außerhalb ihrer jeweiligen Promophasen für sie zu interessieren. Dass mein Verhältnis zu ihrem Schaffen ein nach wie vor ein so gehemmtes ist, könnte dabei mit dem Umstand zusammenhängen, dass ich lange nicht so richtig verstanden habe, wer sie auf ihren Alben eigentlich ist, beziehungsweise wie sie diese emotionalen Phänotypen auch sehr schnell auswechseln kann. Schaue ich mir ihre Karriere aus der Perspektive der frühen Zwotausendzwanziger an, dann habe ich erstmals eine Art Überblick darüber (oder zumindest eine ziemlich wüste Theorie), wie sich ihre bisherigen Platten eigentlich voneinander unterscheiden. Und wenn man mich fragt, dann besteht diese Unterscheidung in einer sehr bestimmten Emotionalität, die auf jedem ihrer (Solo-)Alben einigermaßen abgegrenzt stattfindet. Ihr Debüt von 2015 steht in diesem System für die rotzige und adoleszente Inkarnation der Künstlerin, die sich vor allem beweisen will und einen Schild aus Coolness um sich herum baut, während Tell Me How You Really Feel von 2018 diese Stimmung durch eine sehr ängstliche und bisweilen auch wütende Aura auskontert, in der die Songwriterin eigene Schwächen, Unzulänglichkeiten und auch eine gewisse Düsternis zulässt. Und schaue ich drei Jahre später nun auf Things Take Time, Take Time, finde ich hier wieder eine sehr eindeutige emotionale Facette, die für Barnetts Songwriting einigermaßen neu ist: Die der liebenden Freundin (sowohl im romantischen als auch im kumpelhaften Sinne) und des warmherzigen guten Geistes, mit dem man sowohl schöne als auch schwere Zeiten gemeinsam durchstehen möchte. Viele der Songs hier scheinen dabei sehr unter dem Eindruck der Covid-Pandemie zu stehen, die ja zumindest in Barnetts Heimat Australien für eine Weile überstanden schien und handeln von den wichtigen Beziehungen, die auch in Zeiten der Isolation nicht abtauen. Wobei es den meisten Tracks vor allem sehr wichtig zu sein scheint, diese Liebe zu zeigen und weiterzugeben. So ist Before You Gotta Go eine ebenso simple wie schöne Nummer über Versöhnung und Mitgefühl, Take It Day By Day die wahrscheinlich lässigste Motivations-Hymne aller Zeiten (die mich vielleicht ein bisschen zu sehr an Kero Kero Bonito erinnert) und If I Don't Hear From You Tonight einer der schönsten Lovesongs, die nur ein landesweiter Lockdown auf diese Art hätte fabrizieren können. Es gibt danaben zwar auch viele Songs, die auf mich ein bisschen wie Füllmaterial wirken und insgesamt muss ich leider sagen, dass Things Take Time, Take Time mal wieder nicht der große Wurf ist, mit dem Courtney Barnett mich endgültig packt. Meine Stimmung gegenüber diesem Album ist aber dennoch sehr positiv, weil ich die Attitüde mag, die es an sich hat. Für Songwriting wie dieses, das sich irgendwie anfühlt, als wäre es ganz exklusiv für die Person geschrieben, die den entsprechenden Song gerade hört, finde ich immer großartig und auch wenn dieses hier manchmal ein bisschen fad ausfällt, hat es doch trotzdem diesen Faktor von Warmherzigkeit, der mich zumindest für seine besten Passagen sehr stark empfinden lässt. Und wenn diese so wie in den oben beschriebenen Tracks tatsächlich mit tollem Songwriting zusammenkommen, ist das Ergebnis Serotonin pur. Für einige meiner Lieblingslieder der laufenden Saison wird dieses Album also mindestens verantwortlich sein. Und meine Verehrung für diese Künstlerin hoffentlich mal länger als ein paar Wochen aufrecht erhalten.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡⚫⚫⚫⚫ 07/11

Persönliche Höhepunkte
Rae Street | Before You Gotta Go | Turning Green | Take It Day By Day | If I Don't Hear From You Tonight

Nicht mein Fall
-


Hat was von
the Beths
Jump Rope Gazers

Kurt Vile
Bottle It In


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